Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest des Hl. Sebastian 2023

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20. Januar 2023 - St. Peter, Sinzig

1. Märtyrer

  • Sebastian wird als Märtyrer gezeigt, von den Pfeilen der Feinde durchbohrt. Dass er beliebter Patron von Schützenbruderschaften ist, verwundert mich eigentlich. Die Schützen aus der Geschichte sind nicht die Guten. Es sind die Soldaten des römischen Kaisers, die Sebastian erschießen sollen, weil er an einem Glauben festhält, der mit dem göttlichen Herrschaftsanspruch des römischen Imperators unvereinbar ist.
  • Die Bilder in unseren Kirchen sind nicht zimperlich. Sie zeigen unverblümt die Gewalt, die die Mächtigen den Menschen antun. Gerade bei Sebastian wird mir die Gewalt ein wenig zu ästhetisch.
  • Schon vor 500 Jahren gab es Beschwerden, dass sich die Damenwelt an dem schönen Körper der Bilder mehr erbaut hätten als am standhaften Glauben. In der Neuzeit wurde das noch fluider, bei Claude Debussy, Thomas Mann oder Derek Jarman. Es ist wichtig darüber nicht zu vergessen, dass in der Erinnerung an Sebastian der Missbrauch von Gewalt erinnert wird.

2. Fürsorge

  • Doch noch erstaunlicher ist ein anderes: Der Legende nach ist Sebastian gar nicht an den Pfeilen gestorben. Eine Witwe, deren Name mit Irene überliefert wird, hat ihn gesund gepflegt. Erst als er weiter standhaft den christlichen Glauben bekannt hat, hat er später doch noch den Märtyrertod erlitten.
  • Die Hl. Irene von Rom ist in den kirchlichen Heiligenkalender eingegangen als die Schutzpatronin der Kranken. Sie sollte eigentlich immer mit erinnert werden, wenn wir das Fest des Heiligen Sebastian feiern – ihr Gedenktag ist übermorgen.
  • Die vielleicht nur legendarische Erzählung von Sebastian und Irene enthält eine tiefe Wahrheit, die so aktuell ist wie ehedem. Es gibt eben nicht nur die spektakulären Helden und Heroen. Sondern in den Augen Gottes sind mindestens so wertvoll diejenigen, die unspektakulär für andere da sind. Sebastian war von Beruf selbst Soldat. Irene aber hatte gelernt zu heilen und für andere da zu sein. Dass macht sie zur großen römischen Heiligen.

3. Haltung

  • Für eine Schützenbruderschaft (der vielleicht mittlerweile auch Schwestern beitreten dürfen) sollte Sebastian mehr sein, als nur ein zufälliger Namenspatron. Das anzusprechen ist wichtig, gerade wenn für viele Schützenbrüder heute der christliche Glaube vor allem dekoratives Beiwerk für den Festtag ist, man aber sonst "mit dem Verein" der Kirche nicht viel zu tun haben will.
  • Dann können vielleicht Sebastian und mit ihm Irene zumindest eine Erinnerung daran sein, dass es bei der Schützenkunst immer um Haltung geht. Die konzentrierte, äußere Haltung braucht es für einen guten Schuss. Aber die innere Haltung braucht es, für eine gute Bruderschaft.
  • Vielleicht macht Sebastian daher zumindest neugierig, welche Haltung ihn geprägt haben mag, dass ihm etwas so wichtig geworden war, dass er dafür lieber Unrecht erlitten hat, als sich an Unrecht zu beteiligen. Denn dazu braucht es Haltung und eine Beziehung, die mir den dazu notwendigen Halt gibt. Sebastian hat diesen Halt im Vertrauen gefunden, das er in den lebendigen Gott gefunden hatte. Die Lesung nannte das vorhin: "die Hoffnung, die uns erfüllt". Ein Vertrauen, in dem ihm Jesus ein Bruder geworden war. Durch dieses Vertrauen konnten Menschen im Blick auf ihn so viele Jahrhunderte sich in ihrem Vertrauen stärken. Das ist nicht wenig.