Predigt zum 20. Sonntag im Lesejahr C 1998 (Lukas)
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16. August 1998 - St Leonhard Internationale Englischsprachige Gemeinde, Frankfurt
1. Das Kommen des Reiches Gottes
- Wie haben Sie sich das Kommen des Reiches Gottes vorgestellt, wenn
Sie im Vater Unser darum beten? Wie eine große
march mallow avalanche? Wie ein leise rieselndes Wässerchen?
Über Nacht und ohne Schmerzen? -
- Wenn das Reich Gottes so von oben über uns herein bräche, dann
hätten wir das Theater „Weltgeschichte" aber von
vorne herein bleiben lassen können, weil dann der Mensch, wir, keine
Rolle spielt. Alles wäre nur ein wenig
Bühnenspektakel gewesen, am Ende zeigt dann Gott wo es lang geht.
2. Das Reich Gottes ist Krise der Welt
- Das Kommen des Reiches Gottes radikalisiert unsere
Lebenssituation: Es ist Entscheidung. Es ist - im eigentlichen Sinn
des Wortes - die „Krise" der Welt, weil darin alles zur Entscheidung
kommt. Wenn das Licht Gottes erscheint, gibt es
keine Zwischentöne mehr.
- Die ganze Wucht des Reiches Gottes steht hinter den unerhörten
Sätzen des Evangeliums. "Meint ihr, ich sei gekommen,
um Frieden auf die Erde zu bringen? Nein, sage ich euch, nicht Frieden,
sondern Spaltung. Denn von nun an wird es so
sein: Wenn fünf Menschen im gleichen Haus leben, wird Zwietracht
herrschen." Sagen Sie nicht, dass diese Sätze keine
Provokation wären.
- Nur: Die „Spaltung" von der im Evangelium die Rede ist, beschreibt
nicht eine historische Situation, sondern eine
Entscheidungssituation. Die Fronten verlaufen nicht längs unserer
gewohnten Linien - Familien, Freunde, Parteien,
Nationen. Dann wäre das Evangelium ein Skandal. Es wäre nur Legitimation
für unsere Privatkriege. Die Trennlinie läuft
aber ganz wo anders, sie läuft entlang der Entscheidung für oder gegen
Christus.
3. Nicht unser, sondern Gottes Reich
- Diese Konflikte sind nicht zu verwechseln mit unseren
selbstgemachten Spaltungen. Der Unterschied liegt darin, dass wir
Konflikte um das „Ich" entfachen, um unsere Position, Macht und
Stärke. Jesus spricht aber von einer Spaltung nicht um
das „Ich", sondern um das Reich Gottes, das seinen
Ausgangsposition nicht von der Macht und den Mächtigen nimmt,
sondern von der Ohnmacht und den Armen.
- Es geht also um den apokalyptischen Kampf zwischen „gut" und
„böse", zwischen Gott und dem Feind der menschlichen
Natur. Dieser Konflikt fängt mit dem Kommen Jesu und seiner Verkündigung
an. Das ist nicht zu verwechseln mit
Fundamentalismus. Der Unterschied zu einem fundamentalistischen Kampf
ist radikal
- Es geht nicht um „Ich", um meine oder unsere Interessen,
Gewohnheiten, Rechte. Es geht um keine Gruppe oder
Kirche, sondern um das Reich Gottes. Bei all dem worum wir uns mühen,
das Ziel ist davon noch einmal
grundsätzlich verschieden.
- Das Kommen dieses Reiches hängt auch nicht von uns (alleine) ab.
Wir müssen es nicht herbei bomben. Gott selbst
hat der Welt das Ziel gesetzt. Wir wissen nicht wann und wie es kommt.
Wir wissen nur: es hat mit Jesu (erstem)
Kommen begonnen und wird sich bei seiner Wiederkunft erfüllen.
Dazwischen stehen wir mit unserem Leben und
dürfen uns entscheiden, an der Seite Jesu zu sein und zu leben und zu
beten: „Dein Reich komme".
- Möglicherweise haben wir uns das Reich Gottes so nicht
vorgestellt. Wir haben aber allen Grund, der Heiligen Schrift
mehr zu trauen, als unserer Vorstellung.