Predigt zum 26. Sonntag im Lesejahr A 2011 (Rückblick Papstbesuch)
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1. Papstbesuch
- Der Besuch des Papstes in Deutschland ist zu Ende. Zwei
Gottesdienste durfte ich mitfeiern: Im
Olympiastadion in Berlin zusammen mit 50 Leuten vom Kleinen Michel, und
im die ökumenische
Andacht im Augustinerkloster in Erfurt, wo auch die lokalen Vorsitzenden
der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) eingeladen waren.
Weniger habe ich hingegen vom Rest des
Besuches mitbekommen; da sind viele von Ihnen, die das am Fernsehen
verfolgt haben, weit
besser informiert. Ich kann nur sagen, was mich im Rückblick auf diese
vier Tage bewegt.
2. Heilserwartungen
- Erstens haben wir zusammen Gottesdienst gefeiert. Wir haben Gott gefeiert, auf das Wort der
Heiligen Schrift gehört, und hatten einen Papst zu Besuch, der versucht hat, uns dieses zu
erschließen. Dass dies in so großer Öffentlichkeit einerseits und in ökumenischer Verbundenheit
andererseits geschieht, war für mich eine bestärkende Erfahrung. Die Diskussionen der letzten
Wochen hatten aber im Vorfeld ein Klima der Erwartungen erzeugt, das mich befremdet.
- Einerseits scheinen viele (nicht nur in den Medien) anzunehmen, es
käme in der Ökumene darauf
an, dass irgendwer "nachgibt", wie wir es von der Interessenabwägung in
Tarif- oder Koalitionsverhandlungen kennen. In Erfurt hat Papst Benedikt
dazu gesagt: "Der Glaube der Christen beruht
nicht auf einer Abwägung der Vor- und Nachteile. Ein selbstgemachter Glaube ist wertlos. Der
Glaube ist nicht etwas, das wir ausdenken und aushandeln." - In der anschließenden Begegnung
mit evangelischen Mitchristen konnte ich hören, dass dieser Satz nicht nur mich nachdenklich
gemacht hat.
- Andererseits stimmt mich die Heilserwartung skeptisch, die mit den angeblich 'mutigen Schritten',
die der Papst nun gehen müsse, verknüpft waren. Es wurde nicht selten der Eindruck erweckt, mit
den öffentlich verhandelten Themen sei Heil und Unheil der Katholischen Kirche in Deutschland
verbunden. Ich will hier gar nicht darüber urteilen, welche 'Forderung' sinnvoll ist und welche eher
nicht. Es sind sicher wichtige Themen. Nur sollte bitte niemand behaupten, dass diese Themen
ursächlich seien für die Krise der katholischen Kirche, denn jeder einzelne der Schritte wird in
unseren evangelischen Schwesterkirchen verwirklicht: gemeinsames Abendmahl, Segnung der
Partnerschaften von Homosexuellen, Frauen als Pastorinnen, eine angeblich freiere Sexualmoral.
Niemand wird behaupten, dass dies die evangelischen Kirchen in Deutschland vor der Krise
bewahrt hätte.
Ich will nicht sagen, wer das wolle, solle doch evangelisch werden; dass manche Katholiken so
reagieren ist ein Armutszeugnis. Ich will nur sagen: Die Erneuerung des Glaubens und die
Stärkung der Kirche wird dadurch nicht schon erreicht, auch wenn jeder einzelne dieser Schritte
sinnvoll wäre. Da ist viel Raum für ein spannendes ökumenisches Gespräch.
3. Glaube
- Zweitens habe ich mich über diesen Papstbesuch gefreut, weil ich ihn als Stärkung im Glauben an
Jesus Christus erfahren habe. Vielen katholischen, aber auch anderen Christen ging dies ähnlich.
Angesichts des Trubels, den die Mischung aus deutschen Sicherheitsvorkehrungen und römischem
Barock verursacht haben, kam doch erstaunlich viel von dem Zentrum über, um das es geht: Gott,
der uns durch Jesus Christus in seiner Kirche begegnet.
- Es ist eine sündige, fehlerhafte, reformbedürftige römisch-katholische Kirche. Welcher Reform wir
jedoch bedürfen, werden wir nur herausfinden, wenn wir unermüdlich von der Mitte unseres
Glaubens ausgehen und die Heilige Schrift befragen, wozu uns Gottes Heiliger Geist führen will.
Da geht es nicht um lästige theologische Theorie, sondern um die Mitte und Wahrheit des
Glaubens, die zu verlieren gravierende Folgen hat.
- Ich wäre falsch verstanden, wenn ich damit irgendeine Diskussion
um Reformen in der Kirche
abblocken oder als unnötig hinstellen wollte. Im Gegenteil kann eine
solche Diskussion nur Frucht
bringen, wenn sie sich dem Maßstab des Evangeliums aussetzt. Das gilt
für so manche Kirchenstruktur, die von den Hauptamtlichen her denkt; das
gilt für die Heilige Eucharistie und die
Zulassung dazu, weil sie eben nicht ein nettes Gemeinschaftsmahl ist,
sondern in der sich das
Wunder der Gegenwart Christi in seinem Leib vollzieht; das gilt für so
viele Themen, bei denen es
sich lohnt, gemeinsam Gott um einen erneuerten, lebendigen Glauben zu
bitten. Amen.