Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 30. Sonntag im Lesejahr B 2018 (Markus)

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28. Oktober 2018 - St. Sevatius Bonn-Friesdorf

1. Heilende Wunder

  • Die Wunder Jesu heilen einen Menschen. Sie verändern etwas im Leben dieses Menschen zum Besseren. Sie sind ein Akt, in dem Gott sich durch Jesus einem einzelnen Menschen zuwendet und damit allen Menschen seine Liebe zeigt. Wo Gott sich eine Menschen zuwendet, da findet das nicht nur im Herzen dieses einen Resonanz, sondern in allen die es erleben und davon hören.
  • Die Wunder Jesu Haben daher noch eine andere Wirkung. Sie zeigen der Kirche, wo eine Not ist. Vielleicht reicht die Wirkung nicht, um die kirchliche Theologie, vielleicht nicht um die kirchlichen Strukturen zu verändern.
  • Aber die Kirche selbst, die Gemeinschaft Glaubender Menschen, hat einen Glaubenssinn, der sieht und versteht, wo und warum Jesus sich Menschen zuwendet. Gott geht an der Not nicht vorüber, auch wenn Menschen dies tun und es lieber sähen, wenn Jesus nur für sie da wäre und an der Not dieses anderen vorübergeht - wie es von den Jüngern beschrieben wird. Sie wollen den Blinden am Rand des Weges lassen, wo er ist.

2. Zeichen und Wunder

  • Wunder sind Zeichen für das Wirken Gottes. Das Wunder am Stadttor von Jericho besteht nicht darin, dass eine Blindheit geheilt wird. Nicht der Defekt des physiologischen Apparates und der Sensorik sind die Not. Dann hätten sich Wunder erledigt, wenn es den Menschen erst gelingt, dieses Risiko auszuschalten, indem jedes Baby, das nicht wunschgemäß perfekt zu werden verspricht, noch im Mutterleib aussortiert wird.
  • Nicht die körperliche Blindheit ist, was geheilt wird, sondern dass Menschen für einander blind sind.
  • Die Blinden sind die, die den übersehen und an den Rand stellen, dessen Augen nicht sehen können. Sein Rufen löst bei Ihnen nichts aus und findet keine Resonanz. Umgekehrt aber ist der Blinde sehend, denn er erkennt in Jesus Gottes Gegenwart.

3. Herzen heilen

  • Dieses Evangelium sagt etwas über die Weise, wie Gott in dieser Welt gegenwärtig ist: indem er sich dem Einzelnen zuwendet. In der Zuwendung besteht die Heilung. Er, der bis dahin am Rand des Weges hockte, wird von Jesus gerufen, auf den Weg zu kommen und er wird Jesus auf diesem Weg nachfolgen.
  • Dieses Evangelium legt die Not offen. Die Not ist im Kern nicht die fehlende Kraft der Augen des Blinden, sondern die Unempfindlichkeit derer, die mit Jesus auf dem Weg sind.
    Dass dies der Kern der Erinnerung an dieses Wunder ist, macht ein Detail deutlich. Es ist gar nicht Jesus selbst, der den Blinden ruft. Vielmehr fordert Jesus die Leute auf, ihn herzurufen. Und das tun sie. Mehr noch, sie sagen dem Blinden auch: "Hab nur Mut, steh auf!". Die Leute sind also von ihrer Unempfindlichkeit geheilt worden.
  • Wunder zeigen das Wirken Gottes und sie zeigen der Kirche, worin auch heute die Not besteht - und daher auch, worin die Berufung besteht Christ zu sein. Das ist nicht fern und vergangen. Die Not, dass Menschen einander nicht sehen, einander nicht wahrnehmen und dass das, was andere sagen und sind, in ihnen nichts auslöst, ist hochaktuell. Wir reagieren heute vielleicht viel mehr auf Not, die uns auf der harten Oberfläche eines Bildschirms begegnet. Da setzen wir ein Like oder drücken unser Entsetzen aus. Aber für die Fähigkeit den zu hören, der direkt neben uns am Rand des Weges ist, braucht es ein Wunder. Gott sei Dank geschieht das Wunder überall dort, wo dieses Evangelium verkündet wird und im Herzen eines Menschen Resonanz findet. Amen.