Predigt zum 33. Sonntag im Lesejahr A 2014 (1.Thessalonicherbrief)
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16. November 2014 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg - Gedenktag in Hamburg der Hinrichtung der Lübecker Märtyrer
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Eine Verortung dieser Predigt vorab - aus den Abschiedsbriefen von Kaplan Johannes Prassek vom 10. November 1943, dem Tag seiner Hinrichtung (siehe: www.Luebecker-Maertyrer.de)
an Bischof Berning
Hochwürdigster Herr Bischof! Heute darf ich sterben. Es ist wirklich so, dass ich es als einen großen Vorzug und als großes Glück empfinde, unter diesen Umständen sterben zu dürfen. Machen Sie sich keine Sorge, ich bitte Sie darum.
In mir ist die große Freude der Hoffnung auf Gottes Güte und Erbarmen. Ich denke, dass er, der am Kreuze noch verziehen hat, auch mir gnädig sein wird. Ich sterbe mit tiefem Dank an Gott für alles, Liebes und Leides, was Er mir im Leben geschenkt hat. Ich weiß, dass alles immer nur ein Geschenk seiner Liebe war. Ich sterbe in herzlicher Liebe und tiefem Dank gegen unsere heilige Kirche, durch die ich Gotteskind und Priester werden durfte. Ich sterbe in der Liebe und Sorge um unser deutsches Vaterland. Möge Gott es segnen und schützen.
an die Familie
Ihr Lieben! Heute Abend ist es nun so weit, dass ich sterben darf. Ich freue mich so, ich kann es Euch nicht sagen, wie sehr. Gott ist so gut, dass er mich noch einige schöne Jahre als Priester hat arbeiten lassen. Und dieses Ende, so mit vollem Bewusstsein und in ruhiger Vorbereitung darauf sterben dürfen, ist das Schönste von allem.
Worum ich Euch um alles in der Welt bitte, ist dieses: Seid nicht traurig! Was mich erwartet, ist Freude und Glück, gegen das alles Glück hier auf der Erde nichts gilt. Darum dürft auch Ihr Euch freuen.
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1. Tageslicht
- Seid Ihr herrentagsmäßig drauf, oder stolpert Ihr durch Euer Leben wie durch dunkle Nacht?
"Ihr selbst wisst genau, dass 'Tag des Herrn' kommt wie ein 'Dieb in Nacht'." Schreibt Paulus. Und die meisten denken unwillkürlich an einen bestimmten Tag, an dem die Welt untergeht. Oder sie denken an den Tag, an dem ein jeder von uns, wie man sagt, vor das Angesicht Gottes tritt. Aber "Tag des Herrn" ist zunächst einmal kein berechenbares Datum im Kalender. Dennoch ist "Tag des Herrn" sehr konkret immer dann, wenn es Tag ist und mir Gott so begegnet, dass ich ihm nicht länger ausweichen kann. Jeden Tag.
- Deswegen finde ich das Wort 'herrentagsmäßig' ganz treffend, denn es verweist auf mich, den Menschen, der sich der Wirklichkeit Gottes stellen muss.
- Herrentagsmäßig sind für Paulus Menschen, die einerseits wissen, dass Gott nicht nach menschlichen Maßstäben berechenbar ist; er ist eben Gott und kein Mensch. Andererseits ist es herrentagsmäßig und nicht stolpernächtig, mit Gott vertraut zu sein wie mit einem guten Freund. Auch ein guter Freund ist für Überraschungen gut, aber auf seinen Beistand kann ich mich im letzten, wenn es darauf ankommt immer verlassen.
2. Beter des Tages
- Wer nicht nur sich selbst im Blick hat, den kann man nicht so leicht überraschen. Wer gewohnt ist zu beten, sollte sensibler sein für das, was in der Luft liegt. Denn Beten ist immer - wenn es beten ist - ein weggehen von mir selbst, auch dann, wenn ich für mich selbst bete, weil ich damit zu Gott gehe. Um wie viel mehr bereitet das Dankgebet oder das Lobgebet darauf vor, von sich weg zu sehen und aufmerksam für anderes zu werden.
- Deswegen kann ich mir den Menschen, den Paulus in der Lesung beschreibt, nur vorstellen als jemand der Zeitung liest, um sich das Gespür zu bewahren, was in der Welt los ist, und der ein waches Organ dafür hat, wie in seiner unmittelbaren Umgebung Machtstrukturen und Abhängigkeiten funktionieren.
- Und ein solcher Christ ist einer, der mit diesem weltwachen Bewusstsein betet.
3. Herrentag
- In einer romanischen Sprache würde mein merkwürdiges Kunstwort ' herrentagsmäßig' viel vertrauter klingen. Diese Sprechen nennen nämlich den Wochentag der Auferstehung Jesu einfach nur den Herrentag: domenica, dimanche, domingo.
- Tag des Herrn ist Tag Gottes. Tag der Vollendung der Schöpfung. Tag, an dem Gott, der Vater, Christus von den Toten auferweckt. Tag, an dem wir miteinander Kirche sind. Tag des Gerichtes, aus der Dunkelheit das Unrecht ans Licht des Tages bringt.
Paulus war von den Tessalonichern gefragt worden, wie das wohl sein würde am Ende der Welt, ob die dann noch lebenden Christen den schon verstorbenen Christen etwas voraus hätten. Seine Antwort ist erstaunlich. Er verweist auf die Gegenwart.
- Die Liebe, die ich heute lebe, ist das Gericht am Tag des Herrn. Die Auferstehung von dem Tod der Lieblosigkeit findet heute statt. Dann einmal, am Ende aller Tage, wann immer das sein wird, dann was immer jener Tag sein wird, kommt nur ans helle Licht, was heute schon ist.
Dass einer wie Johannes Prassek dem Druck der Nazis wiederstehen und sogar gelassen in den Tod gehen konnte, erklärt sich daraus, dass er offenbar in diesem Leben bereits seinen Herrentag vielfach erlebt hatte. Aus 10. November, dem Tag seiner Hinrichtung, wurde für ihn, der in seinem Leben durch "Tag des Herrn"geprägt war, der Tag des Herrn, der Tag der Begegnung mit dem ihn liebenden Gott. Amen.