Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 5. Sonntag der Osterzeit Lesejahr A 2020 (Apostelgeschichte)

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10. Mai 2020 - Aloisiuskolleg Bonn Bad Godesberg

1.      Vertrauen im Plural

  • Vertrauen ist eine soziale Fähigkeit. Niemand kann vertrauen nur für sich alleine, wenn niemand mit ihr oder mit ihm unterwegs ist.
  • Deswegen sollte man darauf achten, dass das Gespräch im heutigen Evangelium zwar zwischen zwei einzelnen stattfindet, aber Jesus und Thomas immer im Plural sprechen. Hier ist vom „wir“ des Glaubens die Rede, immer sind auch alle anderen Jünger gemeint. Der Glauben und das Vertrauen, die Angst und die Unsicherheit, die Thomas und die anderen Apostel haben, teilen sie mit allen anderen Jüngern. Sie sind diejenigen, die Jesus sendet, eine Gemeinschaft von Menschen zu sein, die einander darin stärken zu vertrauen.
  • Dieses Vertrauen ist die Grundlage dafür, die Liebe zu leben, den Respekt zu bewahren und die Aufmerksamkeit zu gewinnen. Letztlich ist dies der Weg Jesu zum Vater, den wir kennen und auf dem wir ihm folgen können.

2.      Institution Kirche

  • Lukas versucht in seine Apostelgeschichte im Rückgriff auf die Erfahrungen der ersten Christen modellhaft darzustellen, wie in der Linie des Evangeliums Kirche als Institution entsteht. Institution bedeutet hier, dass es Strukturen gibt, Verantwortlichkeiten, Aufgaben. Das hat Jesus selbst im Kreis seiner Jünger praktiziert, das war für die Gruppe aus der jüdischen Tradition heraus selbstverständlich.
  • Der Abschnitt, den wir heute gehört haben, schildert wie ein neues Amt in der jungen Kirche entsteht. Es ist das Amt der „Diakone“, zu Deutsch der „Diener“.
  • Gemeint ist der Dienst im Interesse derer, die sonst zu kurz kommen. Durch die Diakone wird ein Platz am Tisch der Gemeinde auch für die Armen garantiert

3.      Wie Ämter werden

  • Lukas schildert den Vorgang, mit dem dieses neue Amt in der Kirche geschaffen und installiert wird:
    • Zuallererst bedeute es, dass das Amt in der Kirche einem Bedürfnis entspricht. Es ist ein Problem entstanden, dafür muss eine Regelung gefunden werden. Das Amt ist nicht um seiner selbst willen da, sondern weil es einem Bedürfnis der Gemeinschaft der Kirche entspringt.
    • Das zweite ist der Kreis, aus dem die Christen für dieses Amt ausgewählt werden. Manchen scheint ja das Wichtigste daran zu sein, dass es nur ja keine Frauen sind. Mein Eindruck ist doch eher, dass an Stephanus betont wird, dass er von Gottes Geist durchdringen ist, und dass das auch in der Gemeinde Anerkennung gefunden hat. Ausdrücklich ist auch die Anerkennung in der Gemeinde mit genannt.
    • Dann steht hier auch drittens, dass das Amt in der Kirche keine Selbstermächtigung ist, sondern unter Gebeten und durch Auflegung der Hände von denen eingesetzt wird, die den Titel der Gesandten Jesu, der „Apostel“ tragen. Damit, so scheint mir, ist deutlich, dass Aufgaben und Ämter in der Kirche immer zurück gebunden bleiben müssen an die Sendung Jesu.
  • Allerdings darf dies nie nur eine formale Rückbindung, sondern muss es immer auch eine inhaltliche sein. Denn Jesus ist für uns, die wir durch Gnade zum Glauben gekommen sind, der Weg zum Vater. Das ist eine inhaltliche Aussage, nicht nur eine formale.
  • Ich habe den Eindruck, dass alle drei Elemente, die Lukas schildert, für uns höchst lehrreich sein können. Sowohl die Fähigkeit, Probleme zu sehen und Lösung zu suchen (und vielleicht auch Ämter aufzugeben, wenn das Problem nicht mehr besteht), als auch die Auswahl von Leuten, die auf der Mitte der Gemeinde heraus Anerkennung haben und deren Glauben erprobt ist (viri probati vel mulieris probatae). Aber immer auch, dass die Einheit der Kirche gewahrt bleibt durch die eine Sendung, denen die Bischöfe in der Gemeinschaft mit dem Papst bis heute verpflichtet sind. Amen