Predigt zum 5. Sonntag im Lesejahr A 2014 (Matthäus)
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9. Februar 2014 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Glaubwürdigkeit
- Die Kirche muss etwas tun, um Glaubwürdigkeit zurück zu gewinnen.
Der Satz, so oder ähnlich
vielfach gehört, ist verführerisch, aber wohl doch schwierig. Das tun,
was richtig ist, selbstverständlich. Aber doch nicht deswegen, weil
Glaubwürdigkeit gewonnen werden muss, sondern
einzig und allein deswegen, weil es richtig ist.
Wie stellt sich meine Kirche dar? Die Papstwahl vor 11 Monaten, die Limburger Wirren im letzten
Herbst. Es gab genug Anlässe für Katholiken und Nichtkatholiken, in Gespräche über das Ansehen
der Kirche verwickelt zu werden. Ich kann nur mutmaßen, welchen Gedanken Sie in solchen
Gesprächen gehabt haben und mit welchen Argumenten Sie konfrontiert wurden.
Das sollten wir doch gelernt haben: Die jahrzehntelange Gewalt gegen Kinder wurde verschwiegen,
weil Christen und vor allem Verantwortliche in Kirchen, Orden und Schulen auf Glaubwürdigkeit
nach außen geschielt haben, statt Verantwortung für die Opfer zu übernehmen. Daher sollte die
Aufarbeitung des Missbrauchs nicht den gespiegelten Fehler machen, wieder nicht auf die Opfer
schauen, sondern nur auf die Wiederherstellung von Glaubwürdigkeit.
- Das Ansehen bei anderen Menschen ist ein heikler Maßstab.
Andererseits gilt auch: Das Ansehen
bei anderen völlig zu ignorieren, könnte Ausdruck einer tief sitzenden
Arroganz sein. Wo Menschen zusammenleben, sollte ihnen nicht egal sein,
welches Ansehen sie bei den anderen haben.
Das Stück aus dem Buch des Propheten Jesaja aus der heutigen Ersten Lesung scheint eine
Situation im Blick zu haben, an der sich das Volk Gottes geradezu danach sehnt zu sehen, dass es
Gerechtigkeit gibt; da gilt es als gottgefällig, die eigene Gerechtigkeit als Licht für das Volk
sichtbar werden zu lassen.
Aber auch hier gilt, dass Gerechtigkeit um der Gerechtigkeit willen geübt wird und nicht als
Marketingtrick um Glaubwürdigkeit beim Publikum zu produzieren.
- Dennoch! Wenn ich immer wieder gefragt werde, ob man denn als Pfarrer einen positiven Effekt
des neuen Papstes merke, dieser sei doch so glaubwürdig, bleibe ich zurückhaltend. Ich weiß über
ihn auch nicht mehr als man in der Zeitung liest, und die öffentliche Meinung kann die, die sie ganz
nach oben hebt auch besonders tief fallen lassen. Wenn jemand käme und sagt, er wolle wegen
dieses Papstes katholisch werden, würde ich ihn wohl wegschicken. Wenn er nur deswegen
Katholik wird, wechselt er beim nächsten Dalai Lama zum tibetischen Buddhismus. Der Papst soll
seinen Job gut machen; er kann und soll nicht weltweites Aushängeschild zur Beförderung der
Glaubwürdigkeit sein.
2. Licht vor den Menschen
- Jesus ist in der Bergpredigt dazu sehr differenziert und präzise.
Den beiden Bildern vom Leuchter,
den niemand unter den Eimer stellt und von der Stadt, die auf dem Berge
liegt, folgt der entscheidende, sehr bewusst formulierte Satz:
- "So soll euer Licht vor den Menschen leuchten,
- damit sie eure guten Werke sehen
- und euren Vater im Himmel preisen."
- "Euer Licht soll vor den Menschen leuchten". Neben dem bedachtvollen Reden gibt es auch das
bedachtvolle Schweigen. Diese Form der Zurückhaltung gibt sich schüchtern und bescheiden,
verfolgt aber dann doch wieder nur die eigene Strategie. Jesus stellt dieser Haltung ein einfaches,
nicht auf sich selbst bedachtes "lasst euer Licht leuchten" gegenüber.
Wem das schwer fällt, so zum Leuchten aufgefordert zu werden, der kann bedenken, was eigentlich
dieses Licht ist, das wir da haben und mit dem wir leuchten sollen. Es ist weder allein mein
Verdienst, noch mein alleiniger Besitz, noch ist es nur für mich. Dieses Licht, von dem Jesus
spricht, 'gehört' mir nicht, sondern es ist mir geschenkt für andere. Es sit der Glaube. Hinter dem
ersten Satz steckt also die Einsicht dass wir Menschen nicht für uns selber sondern für andere leben
und als Licht leuchten.
- "... damit sie eure guten Werke sehen " Der zweite Satz macht deutlich dass die guten Taten nicht
deswegen getan werden, damit sie gesehen werden. Die "guten Taten" sind nicht das "Licht"
Vielmehr ist es das Licht, von dem die Rede war, das dann auch die guten Taten sichtbar werden
lässt. Jesus hätte auch jetzt von den schlechten Taten reden können. Auch die gibt es. Auch die
werden deutlicher sichtbar durch das Licht.
3. Gott preisen
- Hier aber sind wir in der Bergpredigt direkt im Anschluss an die
Seligpreisungen. Diejenigen, die
arm sind vor Gott und den Menschen, die klein, gering und verachtet
sind, die die Welt nach Welt-Logik verachtet, sie werden von Jesus nicht
nur "selig" gepriesen, sondern sie sind das "Salz der
Erde" und das "Licht der Welt", unentbehrlich wie Salz oder Licht. Das sind sie nicht wegen ihrer
"guten Werke", sondern weil sie zu Christus gehören. Er ist das Licht, das das Leben der Menschen
beleuchtet. Er ist es, der sichtbar macht, wie unentbehrlich gerade die Menschen sind, die unter den
Menschen nichts gelten.
- "... und euren Vater im Himmel preisen." Der dritte Teil des Satzes aus der Bergpredigt liegt auf der
beschriebenen Linie. Die Menschen, die in den Seligpreisungen genannt werden, sind selig, weil sie
nicht zu denen gehören, die die Welt für sich haben, nicht auf sich ausrichten, nicht ihrer Herrschaft
unterwerfen wollen. Selig ist der Mensch, der, von dieser Sucht befreit, transparent geworden ist
auf die Liebe und Herrlichkeit Gottes hin.
- Wir werden nachher im großen Lobpreis der Präfation beten: "Du bedarfst nicht unseres Lobes, es
ist ein Geschenk deiner Gnade, dass wir dir danken. Unser Lobpreis kann deine Größe nicht
mehren, doch uns bringt er Segen und Heil durch unseren Herrn Jesus Christus." (Präfation für die
Wochentage IV) Dieses Gebet verweist direkt auf die Bergpredigt. Menschen, die ihr Leben nicht
danach ausrichten, wie sie gesehen werden und was sie vor anderen gelten, erfahren "Segen und
Heil", wenn sie sich nach dem Wort Jesu ganz darauf ausrichten lassen, den "Vater im Himmel zu
preisen". Amen.