Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt 2007 zum 5. Sonntag im Lesejahr C

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04.02.2007 - Hochschulgottesdienst Kaiserdom Frankfurt

1. Souverän

Es gibt beneidenswert souveräne und coole Menschen. Das sind die Leute, die man gerne einlädt. Sie sind präsent und smart. Man wünscht sich, so spontan und schlagfertig zu sein. Sie können Scherze machen und gleichzeitig einfühlsam sein. Solche Leute gibt es.

Wir können uns ja mal vorstellen, Petrus sei so einer gewesen. Langweilig war er sicher nicht, und auch nicht schüchtern und zurückhaltend. Wir brauchen ihn uns auch nicht ungebildet vorzustellen, denn die Fischer am See Gennesaret waren Kleinunternehmer mit globaler Kundschaft - selbst der römische Kaiserhof wurde von dort beliefert.

Es fällt schwer sich diesen Petrus kleinlaut vorzustellen. Und doch ist er jemandem begegnet und ist etwas passiert, dass dieser souveräne und selbstbewusste Mann ganz klein wird und sagt "Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder."

2. Erschüttert

Die Ereignisse, die dazu geführt haben, schildert das Lukasevangelium. Viel Andrang des Volkes ist am See, weil dort einer steht, der nicht irgendwas von sich gibt, sondern "Wort Gottes". Die Fischer ordnen derweil ihre Netze. Alltagsarbeit. Jesus nimmt das Boot des Petrus in Anspruch, schafft Distanz zwischen sich und der Menge, setzt sich im Boot und lehrt. An der Stelle wird nichts über den Inhalt der Lehre gesagt,. Die Person steht ganz im Mittelpunkt: Jesus.

Dann wendet sich Jesus an Petrus. Hinaus, in die Weite, wo der See tief ist, soll er fahren. Sein Netz soll er auswerfen, zu einer Tageszeit, zu der sonst kein Fisch zu fangen ist. Petrus tut es und Petrus begründet dies: "auf deine Rede hin" (nicht nur "wenn du es sagst"). Petrus hatte die Rede Jesu gehört. "Auf deine Rede hin" handelt Petrus, und es kündigt sich hier schon die ganze Gruppe der Jünger und die ganze Kirche an, die nicht eigenmächtig handelt, sondern auf Jesu Rede hin, darauf aufbauend.

Der Erfolg erschüttert Petrus. Nach seinen Maßstäben und nach seiner Erfahrung wäre da nichts zu holen gewesen. Das ist die Erfahrung, die Petrus hier zum ersten Mal macht. Er hat sich auf das Wort Jesu eingelassen und sieht, was es bewirkt. Der souveräne und coole Petrus ist erschüttert. Er fällt nieder - wir würden eine Kniebeuge machen - und bekennt, dass die Nähe des Heiligen in Widerspruch steht zu dem, was er eigentlich ist: ein einfacher Mensch, sündig, fehlerhaft.

3. Berufen

Das ist ein Evangelium nicht nur für Partylöwen. Die Erschütterung kann jeder erfahren, der sich auf das Wort Jesu einlässt und merkt, dass es etwas bewirkt, durch mich und doch weit über mich hinaus. Stilleren Typen als Petrus das ist, hätten diese eine Erfahrung bereits gereicht, das Leben neu auszurichten. Petrus wird erst noch bitter erfahren müssen, wie er mit seiner Souveränität scheitert, beim Seewandel etwa und vor allem dort unter dem Kreuz, wo er Jesus verleugnet.

Gott gibt uns die Chance zur Erschütterung. Der Heilige lässt sich in unserer profanen Welt erfahren. Es gibt Worte, die wir sagen, von denen wir an der Wirkung merken, dass viel mehr in ihnen steckt, als wir je hineingelegt hat. Es gibt Gutes, das wir wirken, wo wir doch wissen, dass wir gar nicht so gut sind. Es ist sozusagen das invertierte Spiegelbild zu dem Unheil, das wir anrichten, wenn wir nur aus uns sprechen und uns selbstgerecht keiner Schuld bewusst sind.

Hier aber wirkt Gott durch Menschen. Gott beruft Petrus-Menschen und andere. Jeden, auf eigene Weise, hat Gott berufen, indem ein Wort oder eine Erfahrung oder ein Lebensweg dazu geführt hat, dass wir heute da sind. Nicht, weil wir Heilige sind, hat Gott uns berufen, sondern normal wie wir sind, normal und auch Sünder. Deswegen können wir das Große gar nicht fassen, dass wir auf einem Weg sind mit dem, der Gottes Liebe zu den Menschen bringt. Amen.