Predigt zum Sonntag Christkönig Lesejahr C 2007 (Lukas)
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25. November 2007 - Universitätsgottesdienst St. Antonius, Frankfurt
Die Predigt
ist inspiriert
von dem Film Mystic
River (2003) von Clint Eastwood. Jimmy Markum (Sean
Penn)
hat einen kleinen Lebensmittelladen und ist ein wenig der
geheime Chef
im Viertel. Weil er seinen Freund seit Kindheitstagen Dave Boyle
(Tim
Robbins) verdächtigt, seine Tochter umgebracht zu haben, richtet
ihn Jimmy selbstmächtig hin. Die vorletzte Szene bringt einen an
sich zweifelnden Jimmy mit seiner Frau Annabeth (Laura Linney)
in ihrer
Wohnung zusammen - kur bevor sie mit den zwei Kindern zur
Nationalparade
vor das Haus gehen. Sie sagt ihm "Ich hab' den Mädchen gesagt:
'Ebenso lieb hat Euer Daddy Euch. (...) Und dass ihr Daddy das
tun muss,
was er zu tun hat, für die Menschen die er so sehr liebt. Und
das
kann niemals falsch sein. (...) Dass ihr Daddy ein König ist.
Und
ein König weiß, was zu tun ist, und er tut es. Auch wenn es
schwer ist. Und dass ihr Daddy alles tut, was er tun muss, für
die,
die er lieb hat. Und dass es nur darauf ankommt. Weil alle
anderen so
schwach sind, Jimmy. Alle, aber wir nicht. Wir werden nie
schwach sein.'"
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1. Abgedankte alte,
inszenierte neue
Könige
- Die Könige wurden abgedankt. In Saudi Arabien und Jordanien haben
sie
noch was zu sagen, und manche Diktatoren versuchen auch heute noch
königliche
Dynastien zu begründen. Sonst aber ist es vorbei mit herrschenden
Häusern.
Repräsentieren dürfen sie noch. Von alter Königsherrlichkeit
bleiben also nur Vorzeigemarionetten (die auch mal "jetzt halt
endlich den
Mund" rufen dürfen) und Diktatoren. Und da feiern wir das Fest
Christkönig.
- Könige tauchen an den absurdesten Stellen auf. Die eine wird zur
Wein-,
die andere zur Schönheitskönigin, zur Königin der Herzen wird
eine und einer gar zum Fußball-Kaiser. König wird man offensichtlich
durch mediale Aufheizung überschaubaren Talents (Kaiser natürlich
nur durch überragendes Talent am Ball!). Und da feiern wir das Fest
Christkönig.
- Dabei wurde das Fest erst 1925 eingeführt. Als es mit den
irdischen
Königen zu Ende ging, wurde an das Ende des Kirchenjahres das Fest
des
himmlischen Königs gesetzt. Was mit dem Ersten Advent beginnt, weist
hin auf die Herrschaft von Gott her. Gott hat Jesus von Nazareth als
seinen
Gesalbten - griechisch Christos, hebräisch Messias - eingesetzt.
Gesalbt, König zu sein: Gesalbt, Gottes Königsherrschaft sichtbar
unter den Menschen zu begründen.
2. Von eigenen Gnaden
- "Von Gottes Gnaden" nannten sich die Könige früher. Das war sich
fromm gebende Anmaßung absolutistischer Herrschaft. Aber es war auch
gefährlich. "Von Gottes Gnaden" relativiert auch des Königs
Herrschaft,
denn Gott kann recht ungnädig werden, wenn die Armen des Volkes
skrupellos
ausgebeutet werden. Richtige Könige wollen daher lieber aus eigenen
Gnaden
herrschen.
- Jeder kann König sein. Jeder ist sich jetzt selbst König. Das
ist die Pervertierung der Demokratie, in deren Namen die alten
Könige
- zu Recht - abgesetzt wurden. Jeder kann 'heute ein König' sein.
Das
ist das mehr oder weniger geheime Credo der Gesellschaft der
Individualisten.
Im Blick auf US-amerikanische Mythen wird das besonders deutlich,
auch wenn
die Idee dazu aus Europa stammt und hier genau so zu Hause ist. In
den USA
findet sich der Mythos in Reinform. Rechte Männer (und im Zeichen
des
Fortschritts auch Frauen) nehmen das Gesetz selbst in die Hand. Wenn
sie dem
Staat und der Gesellschaft nicht mehr trauen, sehen sie rot. Dann
sind sie
selbst das Gesetz, egal wie recht sie haben.
- König ist, wer die Gesetze bestimmt. Für manche sind es die Gesetze,
nach denen sie nur ihr eignes Leben regieren. Für sie sind Andere nur
Material.
Im Zeichen der Leistung bringen sie es nach oben, vielleicht auch
deswegen,
weil sie skrupelloser sind. Nicht ob sie recht haben entscheidet,
sondern, dass
sie König sind. Und wenn sie es gut machen, finden sie auch noch
Untertanen,
die ihre Stärke bewundern und sich daran anlehnen wollen. Dann findet
der
moderne König sogar noch das jubelnde Volk, um sich selbst zu
bestätigen.
3. Der König auf dem Kreuzesthron
- "König der Juden" steht auf der Tafel. Für Pilatus der
juristische Vorwand, Jesus kreuzigen zu lassen. Zugleich aber ist es
Spott
und Verhöhnung. Da hängt er nackt am Kreuz. Bis zuletzt hatte Jesus
gefordert, man solle nicht sagen, dass er des Messias sei. Jetzt
lässt
er es zu, als der Titel zum Spott wird. Als König hängt er da, und
keinem flößt das Furcht ein, dieser ohnmächtige König.
Das Volk schaut zu.
- Doch! Einer hat Gottesfurcht. Selbst als Schwerverbrecher ans Kreuz
gehängt,
durchbricht er den Spott. In seiner Bitte an Jesus bekennt er seinen
Glauben:
"Jesus, denk an mich, wenn du in dein Königtum kommst!" (Die
deutsche
Übersetzung mit "Reich" gibt das leider nicht wieder). Die
Herrschenden
verspotten ihn, weil er, der König, sich selbst nicht zu helfen
vermag.
"Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen, wenn er
der erwählte
Gesalbte Gottes ist." Selbst ein Mitgekreuzigter stimmt in den
Spott ein.
Das Volk schaut zu. Es könnte erkennen, dass in dem Spott die Wahrheit
ausgesprochen wird. Da ist ein König, dem Gott Himmel und Erde
unterworfen
hat. Dennoch schlägt er nicht zurück. Dennoch spielt er seine Macht
nicht aus.
- Jesu Macht ist zu retten. Heute. Ja, er rettet sogar auch sich
selbst. Denn
auch am Kreuz bleibt er sich treu. Das ist seine Souveränität. Die
Könige dieser Welt werfen alle Prinzipien über Bord. Wenn ihre Macht
gefährdet ist, gehen sie auch über Leichen (oder nehmen anonyme
Spenden an, obwohl die Verfassung es verbietet). Ihnen fehlt die
Souveränität
des einzigen wirklichen Königs. Er ist der einzige so ganz von
Gottes
Gnaden, dass er ganz aus Gottes Gnade lebt. Jedem, der sich ihm
anschließt
kann er versprechen: "Heute noch wirst du mit mir im Paradies
sein."
Sich ihm anschließen kann aber das Kreuz nicht ausschließen. Wir
machen es häufig wie der andere Mitgekreuzigte: "Bist du denn
nicht
der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns!" Da schwingt
nicht nur
Spott mit. Da klingt auch die Hoffnung durch, dass Jesus jetzt
schnell mal
regeln kann, worum er ihn bittet. Jesus mach dies, Jesus macht das.
Jesus
macht aber nur das eine: Er nimmt Menschen hinein in den Weg des
Vertrauens,
dass keine Macht dieser Welt stärker ist als Gott. Keine Versuchung,
kein Lob, kein Geld, kein geiles Gefühl und kein Sonstwas braucht
Jünger
Jesu zu beeindrucken. Für nichts davon müssen sie ihr Herz verraten,
für nichts davon ihren Herrn. Er ist ihr König. Amen.