Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Dreifaltigkeits-Sonntag im Lesejahr A 2011 (Johannes)

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19. Juni 2011 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Nur ein Gott

  • Das Evangelium ist deutlich: Jesus Christus ist Gottes Sohn. Für uns, die wir in der Taufe den Glauben angenommen haben, gilt daher das Wort: "Wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er an den Namen des einzigen Sohnes Gottes nicht geglaubt hat." Er ist "wahrer Mensch und wahrer Gott", wie wir im Glaubensbekenntnis sprechen werden. Und auch der Heilige Geist ist nicht von Gott verschiedene Schöpfung, sondern Gott selbst. Gerade am heutigen Sonntag feiern wir: Gott ist dreifaltig. Die Evangelischen Kirchen haben den lateinischen Namen des heutigen Sonntags bewahrt: Trinitatis.
  • Weil Mitbürger islamischen Bekenntnisses ein Teil der deutschen Gesellschaft sind, können auch ganz normale Christen erleben, dass sie mit der Frage konfrontiert werden, ob sie denn an drei Götter glauben. Allah, so betonen Muslime, sei streng nur ein einziger Gott. Gerade deswegen ist es wichtig festzuhalten: Auch Christen glauben nur an einen Gott. Arabische Christen verwenden auch dasselbe arabische Wort für Gott: "Allah". Es ist jedoch nicht der Name allein.
    Die Frage bleibt: Glauben wir an denselben Gott?
  • Ganz sicher beten Muslime und Christen zu demselben Gott. Es gibt nur einen. Um es in einem Bild auszudrücken: Wir klingeln an demselben Haus. Nur einer ist Gott, und alles andere ist Geschöpf. Nur einer ist Schöpfer, alles andere ist Schöpfung. Die "Adresse" zu der wir beten ist daher eindeutig. Alle, die zu dem einen Gott beten, beten notwendig zu demselben Gott. Sie klingeln an demselben Haus.
    Die entscheidende und unterscheidende Frage ist jedoch, ob dieser Gott etwas von sich mitteilt, ob er sich offenbart. In der Tat glauben Christen und Muslime daran, dass die Beziehung zu Gott und das Gebet keine Einbahnstraße von uns zu ihm ist.

2. Gegenwärtig im Heiligen Geist

  • Auch bei dem, was wir von Gott glauben, gibt es Gemeinsamkeiten. Die katholische Kirche hat sich mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1965 dazu lehramtlich geäußert. Das Konzil hebt drei Übereinstimmungen hervor, bei denen auch die meisten evangelischen und orthodoxen Christen zustimmen dürften:
  • Gott ist Schöpfer; alles was es gibt, ist durch ihn geworden.
  • Gott ist barmherzig; wir Menschen sind für ihn wichtig und wertvoll.
  • Und: Gott ist der Richter der Welt; im Letzten entscheiden nicht Menschen über einander.
  • Dennoch gibt es wesentliche Unterschiede. Muslime glauben, dass Gott dem Propheten Mohammed durch den Engel Gabriel in arabischer Sprache den Koran geoffenbart habe "zur Rechtleitung der Menschen". Manche Muslime sprechen sogar vom "ungeschaffenen Koran", weil er Gottes wortwörtliches Wort sei. In der Diskussion mit Muslimen habe ich daher festgestellt, dass diese unser Sprechen vom Heiligen Geist ansatzweise nachvollziehen können, weil der Heilige Geist, der in der Kirche und in den Menschen wirkt, eine Weise der Gegenwart Gottes ist. Aber im Islam ist diese Gegenwart letztlich immer an den Text gebunden, von dem sie behaupten, er sei Wort für Wort und Komma für Komma von Gott gegeben und seitdem treu überliefert. (Letzteres ist eine Behauptung, dich ich für zweifelhaft halte, zumal sie nie durch kritische Wissenschaft überprüft wurde und eine wirkliche historische Textforschung nie stattgefunden hat. Auch so etwas kann im respektivollen Gespräch mit Muslimen thematisiert werden.)
  • Diese Parallele hilft zwar einander zu verstehen. Zugleich aber wird die große Differenz deutlich. Für uns - Christen wie auch Juden - lässt sich Gott auf die menschliche Geschichte ein. Er sendet nicht einen Text, sondern tritt selbst in Beziehung zur Welt. Im Alten Testament, der hebräischen Bibel, wird in sehr deutlichen Bildern gesagt: Gott ist geradezu emotional involviert. Er lässt sich auf einen Bund mit den Menschen ein und erwählt sich ein Volk, um durch dieses sein Heil zu wirken. Das geht hin bis zur Verheißung des Paradieses: Nicht dass es uns im Jenseits gut geht, ist allein die Hoffnung, sondern dass sich dort die Gemeinschaft mit Gott erfüllt, für die die Erfahrung des Heiligen Geistes hier auf Erden ein Angeld (vgl. 1 Kor 1,22) und Vorgeschmack ist.

3. In Christus Mensch geworden

  • Jesus spricht bei der Einsetzung der Heiligen Eucharistie davon, dass dieses Mahl von Brot und Wein seine wirkliche Gegenwart schenkt, das Mahl "des Neuen und Ewigen Bundes". Vom Alten Testament führt ein Pfad zu dieser Offenbarung: Wie Gott sich im Bund mit Israel an sein Volk gebunden hat, so gibt er sich jetzt ganz hin: Im Kreuz und im Sakrament gibt sich Gott in die Hand der Menschen. Diese Offenbarung fasst der 1. Johannesbrief zusammen mit den drei Worten: "Gott ist Liebe". In der Menschwerdung Gottes wird erfahrbar, dass der allmächtige Gott seine Allmacht offenbart in der Ohnmacht der Liebe.
  • Wann immer Sie versuchen, darüber mit Muslimen zu sprechen, werden sie feststellen, dass diese Erfahrung dem Islam völlig fremd ist, ja als Skandal erscheint! Dies ist für uns Christen eine heilsame Erinnerung daran, wie wenig selbstverständlich das ist, was Gott für uns getan hat. "Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat."
  • Das Konzil ermahnt uns zu Respekt gegenüber Muslimen und sieht gerade im gemeinsamen Einsatz für die Gerechtigkeit, die Gott fordert, ein weites Feld der Gemeinsamkeit. Das hindert uns aber nicht, wie heute am Sonntag Trinitatis in Dankbarkeit und Freude zu feiern, dass Gott sich offenbart hat als Liebe, die sich verschenkt, dass Gott nicht nur Lehrer der Menschen ist, sondern in Jesus Christus unser Bruder geworden ist, der uns in der Einheit des Heiligen Geistes hinführt zu Gott, dem Vater und Schöpfer aller. Amen.

 


 

ERKLÄRUNG "NOSTRA AETATE" ÜBER DAS VERHÄLTNIS DER KIRCHE ZU DEN NICHTCHRISTLICHEN RELIGIONEN
Zweites Vatikanisches Konzil - 28. Oktober 1965
http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_decl_19651028_nostra-aetate_ge.html

"Die muslimische Religion

3. Mit Hochachtung betrachtet die Kirche auch die Muslim, die den alleinigen Gott anbeten, den lebendigen und in sich seienden, barmherzigen und allmächtigen, den Schöpfer Himmels und der Erde (5), der zu den Menschen gesprochen hat. Sie mühen sich, auch seinen verborgenen Ratschlüssen sich mit ganzer Seele zu unterwerfen, so wie Abraham sich Gott unterworfen hat, auf den der islamische Glaube sich gerne beruft. Jesus, den sie allerdings nicht als Gott anerkennen, verehren sie doch als Propheten, und sie ehren seine jungfräuliche Mutter Maria, die sie bisweilen auch in Frömmigkeit anrufen. Überdies erwarten sie den Tag des Gerichtes, an dem Gott alle Menschen auferweckt und ihnen vergilt. Deshalb legen sie Wert auf sittliche Lebenshaltung und verehren Gott besonders durch Gebet, Almosen und Fasten.
Da es jedoch im Lauf der Jahrhunderte zu manchen Zwistigkeiten und Feindschaften zwischen Christen und Muslim kam, ermahnt die Heilige Synode alle, das Vergangene beiseite zu lassen, sich aufrichtig um gegenseitiges Verstehen zu bemühen und gemeinsam einzutreten für Schutz und Förderung der sozialen Gerechtigkeit, der sittlichen Güter und nicht zuletzt des Friedens und der Freiheit für alle Menschen."

siehe auch: http://www.cibedo.de/christlich_islamische_ehe_konzil.html