Predigt zur Hochzeit - Lk 11,33-36 - Einander Licht sein
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24. Juli 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Licht
- Wir wünschen Euch Licht für die Ehe, die Ihr heute als Sakrament beginnt. Nicht etwa alle
Tage Sonnenschein wünschen wir, so schön das vielleicht klingen mag; immer nur eitler
Sonnenschein ist nicht nur unrealistisch, sondern wäre wahrscheinlich auch zu wenig Herausforderung, als Eure Liebe braucht, um zu wachsen.
Nein, Licht wünschen wir Euch in dem Sinne, wie das Evangelium, das Ihr Euch für heute
ausgesucht habt, dieses Wort gebraucht: Licht, das von der Wurzel her Euer Leben scheinen
lässt, das Orientierung und Kraft gibt und durch keine Dunkelheit von außen bedroht werden
kann.
- "Dein Auge gibt dem Leib Licht", sagt Jesus und fügt an, dass durch ein gesundes Auge, der
ganze Leib (die Einheitsübersetzung übersetzt ungenügend mit "Körper"!) hell sein kann.
Der Leib steht für das ganze Leben, so wie wir sind. Wenn der ganze Leib unseres Lebens
"Licht" ist, dann meint dies eine Erfahrung von Glück, die alles andere tragen und verwandeln
kann. Dies kommt nicht von selbst und auch nicht einfach aus mir selbst, sondern dies wird mir
geschenkt, und es braucht dieses "gesunde Auge", das dieses Licht in sich aufnimmt.
- Das Licht, das Gott Euch schenkt, scheint im anderen. Das ist daher auch das schönste
Geschenk, das ihr Euch in Eurer Ehe geben könnt: einander Licht zu sein. Das kann keiner für
sich, aber jeder von Euch für den anderen sein. "Wenn dein ganzer Leib - alles was du bist - von
Licht erfüllt und nichts Finstres in ihm ist, dann wird er so hell sein, wie wenn die Lampe dich
mit ihrem Schein beleuchtet."
2. Transparenz
- Es gibt die viel zu selten gelobte Tugend der Transparenz. Sie ist keine Tugendleistung, die mir
aufgezwungen wird, sondern, wie jede echte Tugend, eine Weise zu sein, die mir selbst ebenso
gut tut, wie den anderen. Die Tugend der Transparenz kann entscheidend sein, für das Gelingen
des Lebens, gerade in der Ehe.
- Transparent muss ich zunächst vor mir selbst und vor Gott sein. Dies ist ein grundlegender
Baustein eines geistlichen Lebens. Dazu braucht es die innere Bereitschaft und Kraft, sich
selbst anzuschauen, sich von Gott anschauen zu lassen, und der Versuchung zu widerstehen,
einem falschen Selbstbild zu erliegen, in dem ich mich kleiner oder größer, besser oder
schlechter mache, als ich bin.
Die Dinge und mich selbst so zu sehen, wie sie sind, und nicht so, wie ich sie am liebsten
haben möchte, dies haben die Alten auch die Tugend der Klugheit genannt.
- Transparenz ist aber auch die Offenheit gegenüber dem geliebten Menschen, dem die Treue
versprochen wurde. Die Treue ist nämlich kein äußeres Einhalten von Regeln. Sie ist vielmehr
der tiefe Wunsch, vom anderen so erkannt zu werden, dass ich ganz aus dem Vertrauen lebe.
In der Tugend der Transparenz lasse ich den geliebten Menschen teilhaben an dem was mich
bewegt. Ich teile mit ihm meine Hoffnung und meine Freude, meine Sorgen und meine Ängste.
Die Liebe will diese Transparenz, weil sie dann erst spürt, dass sie aus dem Vertrauen getragen
ist: Der andere nutzt seine Vertrautheit mit mir nicht aus, sondern begegnet mir mit respektvoller Liebe, die treu an meiner Seite sein will, alle Tage meines Lebens.
3. Vertrauen
- So ist Vertrauen das kostbare Gut, das Ihr einander schenkt. Jeder von uns weiß, dass es gar
nicht so selbstverständlich ist. Schon ob ich mir selbst vertraue, ist fraglich. Wie viel mehr
noch bleibe ich unsicher, ob ein anderer mir vertraut.
Deswegen ist es ganz entscheidend, dass Ihr Eure Ehe als Sakrament in der Kirche schließt.
Denn so baut Ihr Euer Vertrauen auf das Vertrauen - oder den Glauben, im Griechischen ist das
das selbe Wort! - das Gott in Euch hat: Vor allen Menschen vertraut Euch Gott und glaubt Gott
an Euch. "Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen." Baut darauf, wenn es
einmal schwer fallen sollte, sich und einander zu vertrauen.
- Es war von dem Licht die Rede. Es gibt dem Leib Eures Lebens und es gibt Eurer Ehe
Helligkeit und Wärme. Dieses Licht ist Gottes vertrauende Gegenwart. Das Licht ist Eure ganz
persönliche Erfahrung der Gegenwart Gottes, wenn Ihr offenen Auges hineinfindet in einen
lebendigen, betenden Glauben. Dann gilt für jeden Einzelnen und von Eurer Ehe: "Niemand
zündet ein Licht an und stellt es in einen versteckten Winkel oder stülpt ein Gefäß darüber,
sondern man stellt es auf einen Leuchter, damit alle, die eintreten, es leuchten sehen." Wer in
Euer Haus kommt, soll spüren können, dass ihr vertraut, weil Euch vertraut wird.
- Dieses Licht wird euch nicht bloß stellen. Darauf könnt ihr vertrauen. Wo keine Liebe ist, wäre
die Tugend der Transparenz gefährlich. Wo die Liebe treu ist, verbindet sie. Vertraut darauf: Ihr
braucht keine Geheimnisse vor einander haben und könnt doch einander Geheimnis bleiben.
Denn das wahre Geheimnis Gottes und des Menschen ist dieses, dass es sich immer neu
entdeckt und entdecken lässt. So könnt Ihr einander Licht und Glück bleiben und dieses Licht
leuchten lassen für uns alle. Amen.