Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zur Hochzeit - Herrlichkeit und treue Liebe

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20. Juni 2015 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Widerständigkeit

  • "Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast; denn sie sollen eins sein, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir." Verena und Konstantin haben sich nicht für die locker-leichte Kost entschieden.
    Sehr sorgfältig haben Sie beide die Texte ausgesucht, die heute bei Ihrer Hochzeit aus der Bibel gelesen werden sollen. Andere hätten sich Passagen ausgesucht, die jedermann sofort einleuchten und dem romantischen Gaumen kitzeln. Aber Sie beide sind nicht 'andere'.
  • Andere machen viel Aufwand, um den Anschein von Herrlichkeit herzustellen. Massen von Blumen, aufwändigste Kleidung, strahlendes Ambiente. Aber Verena und Konstantin haben mit Herrlichkeit etwas anderes im Sinn, wenn sie aus dem Johannesevangelium diesen Text ausgesucht haben, der aus einem Gebet Jesu stammt, das er für all die Menschen spricht, die durch ihn Beziehung haben zu Gott.
  • Wenn in dem Gebet mehrfach von Liebe die Rede ist, dann hat das etwas erstaunlich Reales. Ja, unser Paar ist zu einer großen, für alle die sie kennen und erleben erkennbaren Liebe herangewachsen. Ja, wohl auch Schmetterlinge im Bauch, aber diese Schmetterlinge haben nicht vergessen, dass sie Larven waren und dass echte Liebe Wachstum und Beständigkeit braucht.
    Wenn in der Bibel wie hier von Liebe gesprochen wird, dann hat das viel mehr Realität als Verliebtheitsgefühle im Wechsel von Ebbe und Flut. Jesus meint, dass dies "nicht von der Welt" ist und weiß um die Widerstände, die diese Liebe hervorruft, gerade weil sie anders und tiefer ist, als eine selbstverständlich gewordene Oberflächlichkeit suggeriert.  Dort, wo diese Liebe etwas verändern kann, wird sie Widertstand und manchmal sogar Hass hervorrufen, gerade weil sie etwas verändern kann. Jesus bittet Gott daher ganz ausdrücklich darum, dass Gott uns nicht diese Widerständigkeit vom Leib hält, sondern darum, dass Gott uns mitten hinein führt in das Leben, wie es real ist - und darin die echte, die treue und tragende Liebe bewahrt.

2. Herrlichkeit

  • "Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast; denn sie sollen eins sein, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir." Der Satz Jesu bewahrt das, was wir Christen ein "Geheimnis" nennen. Das Griechische hat dafür das Wort "mysterion". Das Mysterion ist nicht versteckt, sondern ist so öffentlich wie diese Hochzeit. Aber es bewahrt den Sinn dafür, dass hier eine Wirklichkeit ist, die weit, weit über das hinaus geht, was man oberflächlich sieht.
  • Jesus spricht davon, dass Gott, der himmlische Vater, ihm "Herrlichkeit" gegeben habe. Für alle, die sich unter der Herrlichkeit Gottes nur Trompetenschall und Engelschöre vorstellen, ist das eine Blasphemie, eine Gotteslästerung. Jesus ist ein Mensch, der Sohn eines Zimmermanns, der es zu keinem Vermögen gebracht hat. Auch sein Einfluss beschränkt sich auf einen eher kleinen Kreis von wenig glanzvollen Gestalten. Wir nennen sie die Jünger.
  • Und dennoch kommt genau hier Gottes Herrlichkeit zum Strahlen. Das Geheimnis der Gegenwart Gottes ist, dass Gottes Herrlichkeit sich so grundlegend unterscheidet von all dem, was unter Menschen sonst als Herrlichkeit gilt. Andere mögen viel Aufwand machen und viel Aufhebens um sich selbst. Andere mögen es mit Hochglanz auf die Titelseiten schaffen. Wer Geschmack für die Herrlichkeit Gottes gefunden hat, den beeindruckt das nicht mehr. Es ist angemaßte Herrlichkeit. Die Herrlichkeit Gottes hingegen, ist geschenkt und kann nur als Geschenk empfangen werden. Daher dankt Jesus Gott, dem Vater für "Herrlichkeit , die du mir gegeben hast".

3. Verbindung

    • All das sagt schon viel von dem, was Verena und Konstantin wichtig ist in ihrem Leben. Es hat aber auch unmittelbar zu tun mit dem Anlass, weswegen wir heute hier sind. Denn die liebende Treue, zu der sich die beiden heute verbinden, ist ein Mysterion, ein bergendes Geheimnis, das immer mehr ist als was man sieht und das nicht gemacht, sondern nur als Geschenk empfangen werden kann. Verena und Konstantin erfahren sich als einander geschenkt und ihre Dankbarkeit drückt sich aus in den Dankliedern dieses Gottesdienstes.
    • "Ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast; denn sie sollen eins sein, wie wir eins sind, ich in ihnen und du in mir." Das Ziel, warum uns Jesus hineinführt in das Geheimnis der Herrlichkeit Gottes, nennt er "denn sie sollen eins sein". Die Verbindung zu einer Gemeinschaft wird nirgendwo so sichtbar und erlebbar, wie hier, wo zwei sich die Treue versprechen.
    • Letztlich ist es die gelebte Liebe, weswegen die Herrlichkeit Gottes immer ein Geheimnis ist. Denn diese Herrlichkeit lässt sich nicht machen, sie lässt sich nur empfangen. Doch zugleich ist sie eine Frucht der Weise, wie wir leben. "Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt", heißt es im Ersten Johannesbrief. Erst wo ich Mensch mich binden lasse, eine Verbindung und das Wagnis der Treue eingehe, dort öffnet sich der Himmel und wird Gottes Herrlichkeit sichtbar. Hier auf der Erde, mitten unter uns, wo zwei die Verbindung eingehen, die Gott segnet, Gott in ihnen und sie in Gott. Amen.