Predigt zur Hochzeit Lk 10,38-42 - Liebe und Vertrauen 18. Juli 2010
Zurück zur Übersicht von: Hochzeit
18. Juli 2010 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Reden, Tun, Geben und Empfangen
- Liebe besteht mehr im Tun, als im Reden. Was nützen alle Liebesversprechen, wenn es beim
Versprechen bleibt. Deswegen erinnert der Heilige Ignatius von Loyola daran, dass eben Liebe mehr
im Tun ist, als im Reden.
- Es gilt aber auch das andere aus dem Exerzitienbuch: Liebe ist sowohl im Geben, als auch im
Empfangen.
Dabei ist es manchmal das Problem, dass Menschen, die einen anderen lieben, nur etwas empfangen
wollen, aber nie etwas geben.
Das häufigere Problem aber, so ist zumindest mein Eindruck, dass viele Liebe nur im Geben sehen,
aber nicht im Empfangen.
- Es gibt natürlich einen Grund, warum Menschen in Beziehungen lieber geben als empfangen. So
lange ich der aktive, gebende Teil bin, kann ich die Lage besser unter Kontrolle und andere von mir
abhängig halten. Im Empfangen hingegen mache ich mich abhängig und brauche das, was jedem,
manchen mehr, manchen weniger, schwer fällt: Vertrauen.
2. Martha, Maria, Jesus und Gott
- "Eines nur ist notwendig. Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden."
Dieses Wort Jesu an Marta, die "ganz davon in Anspruch genommen" war für den Gast zu sorgen,
hat schon so manche Hausfrau geärgert, die weiß, wie viel Arbeit es ist, für andere zu sorgen. Die
Kritik Martas an ihrer Schwester Maria, die nur dasitzt und Jesus zuhört, erscheint allzu verständlich.
- Es ist wichtig daran zu erinnern, dass im Lukasevangelium direkt zuvor das Gleichnis vom
barmherzigen Samariter erzählt wird. Es ist also ganz klar, dass Jesus nicht dafür ist, dass man
untätig bleibt. Wo Not ist, soll ich meinem Nächsten helfen. Die kleine Szene mit Marta und Maria
setzt nun dazu einen Gegenakzent. Denn die reine Geschäftigkeit ist ebenso falsch. Ja, Jesus betont
sogar, dass es vor dem Tun etwas "notwendig" ist. Dafür steht Maria.
- Von Maria wird berichtet, dass sie sich zu Jesus setzte; dann "hörte sie seinen Worten zu". Jesus
führt Maria ein in den Weg mit Gott. Von ihm lernt sie Gottes Barmherzigkeit; durch die Begegnung mit ihm erfährt sie, wie Jesus zu Gott betet und aus seiner Verbundenheit mit dem
himmlischen Vater lebt. Indem Maria Jesus zuhört, hört sie Gott zu. Das ist es, was Jesus als
"notwendig" bezeichnet.
Marta ist "ganz davon in Anspruch genommen" zu tun und zu schaffen. Es sieht so aus, als wäre sie
ganz für andere da. Aber ihr Vorwurf an Maria zeigt, dass sie gefährlich nahe dran ist, dass sich
alles nur um sie dreht. Beide, Maria und Marta, wollen Gott dienen. Aber Marta meint, es hänge
alles nur von ihr ab. Was ihr fehlt, das ist Vertrauen.
3. Vertrauen, Glauben, Hoffen, Lieben
- Vertrauen ist nicht blind. Ich vertraue einem anderen, den ich kenne. Ihr oder ihm glaube ich, dass
sie oder er es ernst mit mir meint. Deswegen kann ein Mensch, der vertraut, auch mal geschehen
lassen. Nicht alles muss unter Kontrolle bleiben. Nicht alles muss nach eigenen Vorstellungen
laufen. Das Vertrauen im Glauben und der Glauben im Vertrauen sind das Fundament dafür, eine
freie Beziehung einzugehen und aus ihr zu leben.
- Das ist dann auch der Kern der christlichen Hoffnung. Wir hoffen ja doch nicht irgendwie. Wir
hoffen so, wie Menschen, die einander lieben, hoffen: Im Vertrauen auf einander. Gemeinsam
wollen sie in die Zukunft gehen und deswegen wollen Sie sich an einander binden. Weil dieser
Bund ein Bild der Treue Gottes zu uns Menschen sein kann, ist die Ehe ein Sakrament: Heiliges
Zeichen, das uns auf Gott verweist und in dem Gott zu uns spricht. Wie Liebende Zuversicht haben,
weil sie einander vertrauen, so hoffen Christen, weil sie Gott kennen gelernt haben und Gott
vertrauen.
- Marta wird auch weiterhin eher der aktivere Typ sein, Maria eher die ruhigere. Wir Menschen sind
verschieden. Jesus aber nimmt uns mit auf dem Weg, mit unseren Neigungen und Fähigkeiten, das
"eine Notwenige" nicht zu verpassen und von der Aktivität nicht "ganz in Anspruch genommen"
genommen zu werden. Jesus lädt uns dazu ein, dem, den wir lieben, zuzuhören, ihn näher kennen zu
lernen, uns durch seine Gegenwart verwandeln zu lassen, zu der Liebe die vertraut und die hofft.
Amen.