Predigt zur Hochzeit - Vertrauen wagen
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30. Juni 2018 - St. Peter und Paul, Aldekerken
1. Berge versetzen
- Die beiden Lesungen haben sich das Brautpaar selbst ausgesucht. Und sie haben es dabei wirklich geschafft, nicht schon wieder Texte zu haben, die man auswendig mitsprechen kann, wenn man drei Hochzeiten nacheinander erlebt hat. Die beiden Lesungen sind vielmehr spannende Texte aus der Bibel, die zumindest ich für eine Hochzeit so noch nicht gesehen habe. Wir tun also gut daran, in diesem Bibeltexten Spuren zu suchen, die uns etwas über J. und S. verraten.
- Ganz naheliegend ist das Verständnis beim Evangelium. Hier wird ja vor allem gesagt, dass die Menschen am Niederrhein besonders gläubig sind. Fast hat man das Gefühl, dass Jesus nichts anders als den Niederrhein gemeint haben könnte. Auf jeden Fall sagt er das Glaube Berge versetzt. Die Menschen in dieser Gegend haben da nichts anbrennen lassen.
- Man findet immer wieder Versuche, dieses Bild Jesu irgendwie zu erklären. Leute wollen es vernünftig machen. Dabei entgeht ihnen, dass eigentlich auch alle anderen Bilder in diesem Abschnitt des Evangeliums absurd sind. Das fängt an mit dem Feigenbaum, der dafür gescholten wird, dass er außerhalb der Erntezeit keine Früchte bringt. Auch die Aussage am Ende des Abschnitts, dass man Gott um alles bitten können, dann würde das einem gegeben, ist bei Lichte betrachtet absurd. Zumindest wage ich zu behaupten, dass es aller Erfahrung widerspricht.
Wenn J. und S. sich also diesen Text ausgesucht haben, dann heißt es doch letztlich nichts anderes, als dass sie der Ansicht sind, dass das, was hier und heute geschieht absurd ist.
2. Über die Vernunft hinaus
- Liebe hat mit dem Glauben gemeinsam, das es darin nicht um das Vernünftige geht. Mit Erfahrung ist das alles nicht zu beweisen. Mit Berechnung komme ich nicht weiter. Es widerspricht so vielem, was wir verlässlich zu wissen meinen. Das ist in der Ehe so wie im Glauben. Nur wer sich wirklich darauf einlässt, wird entdecken, wie großartig das Vertrauen ist.
Ich rede nicht der Unvernunft das Wort. Ich denke, dass man sehr vernünftig darüber sprechen kann. Ich denke auch nicht, dass S. und J. leichtsinnige Menschen sind. Da sei allein schon das reife Alter davor. Aber das, worüber Jesus hier redet, braucht mehr als nur Vernunft, nicht weniger. Es braucht den Mut zum Vertrauen.
- Vertrauen bedeutet doch, genau das zu wagen, was nicht berechenbar ist. Sonst wäre es kein Vertrauen. Liebe bedeutet doch zu geben ohne etwas für sich zurück zu behalten. Sonst wäre es nicht viel mehr als Geschäftsfreundschaft auf der Basis juristisch ausgeklügelter Verträge.
Natürlich muss ich mir überlegen wem ich vertraue, aber dann führt nichts an dem Schritt vorbei, zu vertrauen. Natürlich haben sich die beiden einige Zeit beschnuppert, bevor sie diesen Schritt gehen, einander in guten und in schlechten Zeiten bis dass der Tod sie scheidet zu vertrauen. Aber sie wollen das eben nicht auf Vorbehalt machen, sozusagen jeden morgen noch mal auf den Prüfstand stellen, ob der Benefit auch stimmt in der Beziehung.
- Wenn Sie daraufhin das Evangelium noch einmal lesen, dann spüren Sie, dass Jesus genau das meinte. Natürlich kann ich darüber nachdenken, ob der Glaube an Gott vernünftig ist. Aber es kommt dann auch der Punkt, wo ich mich fragen muss, ob es bei der theoretischen Überlegungen bleiben soll, oder ob ich darauf mein Leben bauen kann. Und wenn Gott der eine und absolute ist, dann geht das eben nur mit ganz und gar vertrauen.
Anders zu glauben, als davon überzeugt sein, dass der Glaube Berge versetzt, geht nicht. Zumindest darf man sich dann nicht wundern, wenn das Ganze bei der ersten Belastung nicht mehr hält.
Umgekehrt aber kann ich Ihnen versichern, ist es eine ganz große Erfahrung der Freiheit, wenn es gelingt zu vertrauen. Ebenso ist auch die Ehe keineswegs etwas, das unfrei macht, im Gegenteil. Wenn ich weiß, dass da ein Mensch ist, der mir vertraut, und dem ich vertrauen kann, dann führt das zu einer großen Freiheit, weil ich weiß, was mich hält und was mich trägt. Das bedeutet nicht, dass jeder Tag eitel Sonnenschein ist. Aber es bedeutet doch, dass jeder Tag getragen ist.
3. Der Satz, der alles verändert
- Schließlich noch eine Bemerkung zur Lesung aus dem ersten Petrusbrief, die uns das Brautpaar ausgesucht hat. Auch hier seid Ihr ziemlich mutig. "Das Ende aller Dinge ist nahe."
Und doch meint Ihr, J. und S., vielleicht genau das: Das Ende aller Dinge, wie sie bisher gewesen sind, ist nahe. Insofern ist der Augenblick, wo Ihr einander das Ja-Wort geben werdet , ein Einschnitt, hinter den Ihr nicht zurück könnt und nicht zurück wollt.
- Manche sehen nicht, dass durch einen solchen Satz sich alles verändern kann. Und doch kann alles anders werden, wenn ich darauf vertrauen darf, dass die andere und der andere es wirklich so meint, wie sie es im Eheversprechen sagen. Es ist das Versprechen, auf das S. und J. bauen wollen.
- Auch hier noch einmal der Vergleich zum Glauben. Manche meinen Glauben sei etwas, wo es für das Leben keinen großen Unterschied mache, ob ich glaube oder nicht. Wenn das so ist, ist es in der Tat egal. Erst da, wo ich einem anderen so vertraue, dass ich mir gar nicht mehr vorstellen kann, ohne ihn oder sie zu leben, macht das Vertrauen einen Unterschied.
Solange Menschen berechnen und jeden Schritt abwägen, haben die dem Schritt des Vertrauens noch nicht unternommen. Erst wer das Absurde wagt, wird entdecken, dass die Liebe tatsächlich Berge zu versetzen vermag. Und ebenso der Glaube. Denn beide wagen das Vertrauen.
Wahrscheinlich sind die Niederrheiner nicht nur die großen Glaubenden, sondern auch die großen Liebenden, und auch bei den Hamburgern sind ja nur noch ein paar Hügel übrig geblieben. Gute Voraussetzungen also für euch, J. und S.. Lasst nicht ab von diesem Wagnis des Vertrauens. Vertraut einander und vertraut den Gott, der euch zusammengeführt hat. Ihr werdet feststellen, dass das zu jeder Zeit Früchte zu tragen vermag. Amen.