Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt Ostern Lesejahr C - In der Nacht 2007

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7. April 2007 - Oberschwappach/Knetzgau

1. Osterfeeling

  • Ostern fühlt sich sehr verschieden an. Je nach dem, wer ich bin, je nachdem, wie ich drauf bin, wo ich herkomme und was mich zur Zeit beschäftigt und prägt, fühlt sich die Feier dieser Nacht sehr verschieden an. Wer Gründonnerstag und Karfreitag bewusst mitgegangen ist oder mitgefeiert hat, wird Ostern anders erleben. Wer am Karsamstag noch voll bei der Arbeit war anders, als wer heute die Stille des Grabes Jesu geahnt hat. Je nachdem fühlt sich Ostern anders an.
  • Mehr noch machte es einen Unterschied, wer ich bin. Genauerhin macht es den Unterschied, wer ich bin in Bezug auf Jesus. Menschen in Wohlstand erleben Ostern anders, als wer schauen muss, dass er über die Runden kommt. Wer im Mittelpunkt der allgemeinen Achtung und Aufmerksamkeit steht, wird anderes erleben, als wer einsam ist. Je nachdem fühlt sich Ostern anders an.
  • Und doch ist es das eine Ereignis: Der Gottessohn ist nicht am Kreuz gescheitert. Aus der Tiefe der Nacht ersteht er im Licht. Wie Israel befreit wurde aus der Knechtschaft Ägyptens, wird Jesus von seinem himmlischen Vater aus der Knechtschaft des Todes befreit. Das bleibt das allgemein gültige Ereignis. Doch wie hat es sich angefühlt für die Menschen damals?

2. Drei Osterperspektiven

  • Da ist der Blindgeborene. Ihn hat Jesus geheilt und ihm dadurch ermöglicht, am Leben der Gemeinschaft teilzunehmen. Dann aber musste er zusehen, wie Jesus dafür angefeindet wurde, dass er ihn geheilt hat. Dafür, dass Jesus sich für die am Rande eingesetzt hatte, wurde er selbst an den Rand gestoßen. Wie hat der Blindgeborene Karfreitag erlebt - und wie fühlt sich für ihn Ostern an? Das Fest derer, die am Rande sind.
  • Da ist der römische Hauptmann, der die Gruppe anführte, die Jesus gekreuzigt hat. Er hat nur Befehlen gehorcht. Doch er weiß, dass er zu den Tätern des Dramas gehört. Er trägt Verantwortung. Er hatte sich keine Gedanken gemacht und sein blutiges Handwerk ausgeübt. Erst als er Jesus die Lanze in die Seite gestoßen hatte, erkannte er, dass dieser Gottes Sohn ist. Da war Jesus schon tot, ermordet. Wie fühlt sich für ihn Ostern an? Das Fest derer, die sich in Schuld verstrickt haben.
  • Da ist einer der Jünger, deren Namen wir nicht kennen. Keiner der Apostel, doch einer, der immer dabei war. Er hat mit Jesus seine eigenen Träume und Hoffnungen verbunden. Für ihn war Karfreitag ein Tag, an dem er sich still davon gemacht hat, bevor am Ende gar er selbst mit hineingezogen würde. Wie fühlt sich für ihn Ostern an? Ein Fest, so wie wir es feiern?

3. Unser Ostern

  • Erstens ist Ostern ein Fest auf das ich mich gefreut habe. Es gibt Menschen hier, mit denen ich gerne feiere. Ich weiß, dass das ein Geschenk ist. Mancher - zumal in den Städten - feiert Ostern recht anonym in einer Kirche, wo er kaum jemand kennt. Aber vielleicht lässt gerade das noch mal die Verbundenheit spüren, die über das persönliche kennen hinaus geht. Auch mit den Oberschwappachern verbindet mich mehr: dadurch, dass wir diese Nacht zusammen feiern. Für die Geschichte sind wir namenlose Jünger. Für einander nicht.
  • Zweitens ist rührt mich die Osternacht immer wieder an. Diese Feier atmet den wohltuenden Geist einer langen liturgischen Tradition, die in mehreren Anläufen mich nicht nur darüber nachdenken, sondern richtig erfahren lässt, dass Gott unter uns lebendig ist. Ich habe zwar nicht wie der Hauptmann im Evangelium ein Hinrichtungskommando geleitet. Aber ich weiß, wie viel Schmerz und Schaden ich selbst auch anderen zugefügt habe. Ostern lässt mich auch aus meiner Schuld auferstehen, denn ich erfahre die Grenze der Dunkelheit in mir.
  • Drittens aber ist mir Ostern ganz wichtig. Mein Glaube an die Auferstehung des Gekreuzigten verbindet mich mit den Menschen, die heute gekreuzigt werden, weil sie sich wie Jesus zu denen am Rand stellen. Über sie erst ahne und erfahre ich, was der Kern unseres Festes ist. Die Gewalthaber und das Unrecht werden besiegt. Nicht mit ihren schmutzigen Waffen werden sie besiegt, sondern durch die Liebe Gottes, die durchhält, selbst am Kreuz, selbst im Tod - um am Ende siegreich zu sein. Amen.