Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zu Ostern am Tage 2009

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12. April 2009 - Universitätsgottesdienst St. Antonius

1. Der Name Auferstehung

  • Ich kann nicht sagen, was Auferstehung ist. Lange habe ich Theologie studiert und viele Bücher darüber habe ich gelesen. Aber dennoch kann ich Euch nicht sagen, was Auferstehung ist. Schlimmer noch, ich bin damit nicht der einzige. Niemand kann sagen, was Auferstehung ist. Woher auch? Die Bibel berichtet mit keinem Wort davon, was da geschehen ist, mitten in der Nacht. Es wird nur das davor und das danach beschrieben. Niemand war sehenden Auges dabei.
  • Die Auferstehung Jesu ist etwas völlig einmaliges. Weder davor noch danach hat es das gegeben. Bei den Dingen, aber, von denen wir sagen können, was es ist, können wir vergleichen. Wir können sagen, was ein Tisch ist, weil wir schon andere Tische gesehen haben. Wir können auch sagen was 'gesund werden' ist, weil wir es bei uns und bei anderen schon beobachtet oder erfahren haben. Niemand aber kann sagen: Auferstehung, ach ja, das kenne ich, das habe ich auch schon mal gesehen.
  • Die Auferstehung Christi ist etwas ganz einmaliges. Eigentlich haben wir für Einmaliges keine Begriffe, weil wir Begriffe für etwas verwenden, was es hier gibt und da. Die Auferstehung Christi ist daher mehr wie der Name eines Menschen. Diese Susi und dieser Florian, sie sind ganz einmalig. Sie sind Menschen, Junge oder Mädchen, wie andere auch. Aber mit unserem Namen angeredet ist jeder, wirklich jeder von uns einmalig. Wer einen Namen trägt, den kann niemand definieren. Aber wir können ihm begegnen

2. Wege zur Auferstehung

  • Was es gibt, ist das leere Grab. Es war sicher eine nicht so abwegige Erklärung, dass da jemand den Leichnam gestohlen hat. Aber was die Frauen, was Petrus und die anderen Jünger überzeugt hat, war nicht das leere Grab allein, obwohl die Ordnung, in der sie es vorgefunden haben, schon so gar nicht nach Grabraub ausgesehen hat. Was sie überzeugt hat, waren Begegnungen, die sie zunächst kaum beschreiben konnten, aber doch ganz real waren.
  • Langsam haben sie verstanden. Langsam haben sie eine Sprache gefunden, darüber zu reden. Sie haben entdeckt, dass dieses einmalige Geschehen von langer Hand vorbereitet war, von ganz langer Hand.
    • Sie haben in der Heiligen Schrift entdeckt, dass die Auferstehung am ersten Tag der Woche stattgefunden hat, dem ersten Tag der Schöpfung. Sie haben verstanden, dass hier eine neue Schöpfung beginnt.
    • Sie haben in der Heiligen Schrift entdeckt, dass Gott sich mit Israel ein Volk erwählt hat, um durch dieses Volk seinen Namen allen Menschen bekannt zu machen. Sie haben verstanden, dass die Auferstehung des Gekreuzigten ein Werk Gottes für alle Menschen ist.
    • Sie haben in der Heiligen Schrift entdeckt, dass Gott in der ganzen Geschichte Israels treu ist und barmherzig. Sie haben verstanden, dass diese Treue durch den Tod nicht um ihre Kraft gebracht wurde.
    • Sie haben entdeckt, dass Jesus in der Tradition der Propheten Gottes Gerechtigkeit verkündet hat - und mehr als das: Jesus hat ihnen gesagt, dass Gottes Reich ihnen ganz nahe ist. Sie haben verstanden: Jetzt, wo die Gewalttäter gescheitert sind, die Jesus gekreuzigt und begraben hatten, jetzt kann der Tod nichts und niemand mehr in seiner Gewalt halten.
    • Sie haben verstanden, dass die lange Geschichte Gottes mit Israels zu diesem Punkt hin führt: Dass sie, diese Frauen, Petrus und die Apostel, die Jünger zusammen vor aller Welt zu Zeugen dessen werden, was sie erlebt haben.
  • Die so intime Begegnung der Maria Magdalena mit dem Auferstandenen wird zur Botschaft für die ganze Welt. Der Auferstandene hat sie angesprochen. Sie muss nicht mehr in das Grab starren, sondern kann sich dem Leben zuwenden. Der Auferstandene selbst hat ihnen die Sendung gegeben, "dem Volk zu verkündigen und zu bezeugen: Das ist der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten."

3. Aus der Auferstehung leben

  • Christus allein ist "Richter der Lebenden und der Toten." An ihm wird sichtbar, was selig ist und was unselig, im Leben und im Tod. Das ist eine ganz wunderbare Frohe Botschaft. Denn jetzt sehen all die blass aus, die sonst gerne bestimmen wollen, wer zu den Gewinnern und wer zu den Verlieren gehört. Wo Gott gerecht spricht, hat jeder, der auf ihn vertraut, einen starken Partner, im Leben und im Tod.
  • Die Auferstehung Christi ist daher die größte Freude. Obwohl oder gerade weil sie nicht in Begriffe zu fangen und zu fassen ist. Jeder von uns kann die ganz eigene Erfahrung dazu beitragen, dass wir zusammen aus diesem Geheimnis leben: Jesus Christus lebt, wahrhaftig, er lebt. Und wir haben einen Maßstab dafür, nicht jedes Fun-Event mit dieser Botschaft zu verwechseln. Wir können immer wieder den Glaubensweg Israels nachgehen, der zum Verstehen der Auferstehung führt, wir können an der Botschaft Jesu Maß nehmen und an dem Zeugnis "der von Gott vorherbestimmten Zeugen, die mit ihm nach seiner Auferstehung von den Toten gegessen und getrunken haben."
  • Das wichtigste aber ist Begegnung. So wenig wir sagen können, was Auferstehung ist, so sehr können und dürfen wir davon sprechen, was Begegnung mit dem Auferstandenen im Glauben ist.
    • Dass wir hier zusammen Ostern feiern, ist Begegnung mit dem Auferstandenen.
    • Dass wir das Brot brechen und mit einander teilen, das Brot das Sein Leib ist, auch das ist Begegnung mit dem Auferstandenen.
    • Dass wir einander lieben dürfen, dass wir den Nächsten, ja sogar den Feind lieben dürfen, weil Gott selbst alle Grenzen überwunden hat, das ist Auferstehung.

    In seinem Namen erfahren alle "Vergebung der Sünden", damit uns nichts mehr trennt von ihm, von einander und von der Herrlichkeit, zu der ein jeder von uns berufen ist.