Predigt zu Ostern am Tage 2024
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31. März 2024 - St. Peter, Sinzig
1. Unbegreiflich
- Von Nahtoderfahrungen haben schon viele berichtet. Es gibt sogar versuche, das in filmische Bilder zu fassen. Nicht alle berichten, dass das Leben wie in einem Zusammenblick vor ihnen sichtbar wird. Aber viele berichten von dem Licht und dem Tunnel. Doch alle diese haben eines gemeinsam. Sie waren nicht tot. Nur beinahe. Nahtod ist eben nur nah, nicht ganz tot.
- Dass er wirklich, ganz und gar tot gewesen sei, wird nur von Christus berichtet. Lazarus, von dem das Johannesevangelium erinnert, dass Jesus ihn aus dem Tod gerufen hat, lebte danach noch eine ganze Weile 'normal' weiter. Irgendwann ist er dann gestorben.
- Ganz anders Jesus: Diejenigen, die ihn nach seiner Auferstehung erlebt haben, geben sich alle Mühe, etwas ganz und gar Unbegreifliches zu beschreiben. Sie laborieren offenbar an der Grenze des Sagbaren. Gegenwärtig und lebendig, aber doch nicht greifbar. Körperlich und doch nicht in Raum und Zeit gebunden. Mit den Malen des Kreuzes – und doch lebendiger als alles, was wir kennen. Oder – wie es von Maria von Magdala berichtet wird, der sich Jesus als erster offenbart hat: Sie sieht ihn, erkennt ihn aber erst, als sie sich umwendet, mehrfach sogar: vom Grab weg und zu ihm hin.
2. Jenseits
- Im ersten Umwenden wendet sich Maria vom Grab weg, weg von ihren bisherigen Vorstellungen, weg von der Fixierung auf den Tod. "Da wandte sie sich um" heißt es im Evangelium "und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbúni". Dieses Wort "Meister" knüpft an das an, was der Jesus, den sie liebte, für sie immer war: ein Mensch, dem nachzufolgen, auf den zu hören und nach dessen Lehre zu leben sich lohnt.
- Leider stellt Maria so wenig wie die anderen, die den Auferstandenen noch begegnen werden, die Frage, die doch am meisten interessieren würde. Niemand stellt die naheliegende Frage. Da ist einer mal wirklich von den Toten auferweckt worden und keiner fragt: 'Na, wie war's'?
- Wahrscheinlich hat wirklich niemand die Frage gestellt. Es ist wohl nicht einfach nur nicht überliefert. Denn das zeichnet das 'Jenseits' wohl aus: Dass es ganz anders ist, so anders, dass nicht nur unsere Sprache, sondern alle Vorstellung an eine Grenze kommt. Die tastende Weise, wie die Zeugen der Auferstehung von der Begegnung mit dem Auferstandenen in Gegensätzen erzählen, drücken sie genau das aus: Es ist jenseits aller Vorstellung.
3. Sendung
- Und doch berichten die Evangelien von Ostern. Denn diese Erfahrung hat von Anfang an Menschen verändert, Maria von Magdala als erster. Sie und viele standen mit ihrem Leben für das ein, was sie hier erlebt haben. Auch das steht in aller Knappheit im heutigen Osterevangelium. "Halte mich nicht fest", sagt ihr der Auferstandene. So neugierig ich wäre ('Na, wie war's?'), so sehr ist mir doch klar: Selbst wenn Jesus Christus stundenlang darüber sprechen würde, es wäre nichts, was ich festhalten kann. Ihn kann ich nicht festhalten.
- Was ich aber kann, ist auf das Zeugnis der Apostolin Maria vertrauen, und mich senden lassen. Was ich kann, ist auf die eigene Ahnung, die Kraft meiner Hoffnung und die spärlichen Spuren meiner Liebe schauen und mich senden zu lassen. Jesus Christus, als Meister anzunehmen. Auch wenn das nicht festzuhalten ist. Auch wenn ich das Scheitern kenne.
- Nicht nur das Jenseits ist größer als alles, was ich mir vorstellen kann. Auch das, was es in meinem Leben bewirken kann, ist größer. Noch nicht das eine, absolute "groß" der Herrlichkeit und Freude Gottes, aber doch "größer". Ignatius von Loyola hat dieses "semper magis" so ausgedrückt: "Die meisten Menschen ahnen nicht, was Gott aus ihnen machen würde, wenn sie sich seinem Willen nur ganz überließen."