Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zu Pfingstmontag Lesejahr A 2011 (Apostelgeschichte)

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13. Juni 2011 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Geist der Zeugenschaft

  • Heiligen Geist haben wir immer schon: Als Menschen, denn ohne Gottes Lebensatem wären wir nur Staub; und als Getaufte, weil wir darin herausgenommen sind aus der Familie des Blutes und hineingetaucht sind in die Gemeinschaft der berufenen Kinder Gottes. Wir haben immer schon Heiligen Geist, sonst gäbe es uns nicht, nicht als Lebewesen, nicht als Menschen, nicht als getaufte Christen. Was also ist das besondere der Geistausgießung, die wir am Pfingstfest feiern?
  • Im Johannesevangelium sagt Jesus: Es ist das Zeugnis. Damit ist nicht das ausfüllen eines Formulars gemeint, mit dem Noten verteilt werden, sondern das Lebenszeugnis: das, wofür ich mit meinem Leben stehe. Jesus nennt den Heiligen Geist den Beistand Gottes in uns, der uns die Erkenntnis und die Kraft gibt, auch in widrigen Zeiten mit unserem Leben Zeugnis abzulegen für den Glauben.
  • Die Kirche des Ostens spenden das Sakrament der Firmung auch bei Kindern zusammen mit der Taufe. Das ist durch die Heilige Schrift begründet: "Aus dem Mund der Kinder und Säuglinge schaffst du dir Lob, deinen Gegnern zum Trotz", heißt es im Psalm 8, den auch Jesus einmal zitiert (Ps 8,3; Mt 21;16). Die Kirche des Westens hingegen, hat sich entschieden, die Firmung erst zu spenden, wenn junge Menschen den Glauben selbst verstehen und dafür Zeugnis ablegen können; auch das hat gute Gründe für sich und auch dafür gibt es in der Heiligen Schrift Vorbilder (vgl. die von der Taufe unterschiedene Geistspendung in Apg 8,16-17). Immer aber bleibt es der Heilige Geist, der Menschen befähigt Zeugnis zu geben.

2. Geist der Gottesfurcht

  • So gibt es Wege, auf denen wir in der Kirche hineinführen in den Glauben. Es gibt die Heiligen Sakramente, die wirksame Zeichen dafür sind. Vor allem aber ist es die Kirche im Kleinen, sind es die Eltern und Paten, deren Aufgabe es ist, im alltäglichen Glaubenszeugnis Menschen hineinzuführen in den Glauben. Auch Eltern und Paten haben die Aufgabe, in Schritten und auf gut überlegten Wegen zur Botschaft des Evangeliums zu führen und das Evangelium zu leben.
  • Dadurch entsteht aber eine Versuchung. Wer als Eltern oder Paten solche Verantwortung trägt, ebenso wer durch ein Amt in der Kirche beauftragt ist, wird die Versuchung erfahren, sich selbst zu wichtig zu nehmen. Gerade weil es so wichtig ist, dass wir als Christen aus der Erfahrung des Glaubens leben, sind wir versucht zu übersehen, dass Gott mehr und andere Wege kennt als nur unsere. Christus hat andere Hände und Füße, einen anderen Mund als nur den unseren.
  • Die Apostelgeschichte berichtet davon, dass dies schon die ersten Apostel lernen mussten. Von Jesus hatten sie übernommen, dass das Reich Gottes in Israel verkündet wird. Das war ihre Erfahrungswelt. Es war aber Gottes Geist selbst, der Menschen erfüllt hat, die zur Kirche kamen, ohne zum ersten Volk Gottes zu gehören. Staunend steht Petrus vor diesem Phänomen und bekennt: "Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist." Es ist eben nicht so, wie manche Gruppen in der Kirche meinen, dass 'da draußen' nur die schlechte Welt sei, und die Kirche sich abschotten müsste. Auffällig häufig findet man diese Meinung mehr und mehr gerade bei jungen Christen, sowohl im evangelischen, wie im katholischen Bereich. So verständlich die Suche nach klarer Grenzziehung ist: Die große Gefahr ist nicht nur Selbstüberheblichkeit, sondern, dass wir uns dem Wirken Gottes in den Weg stellen. In ihrem Tun zeigt so mancher außerhalb der Kirche mehr Gottesfurcht als so mancher von uns in der Kirche. "Gott aber sieht nicht auf die Person" , sondern ihm ist "in jedem Volk willkommen, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist."

3. Geist der Erkenntnis

  • Folgen wir dem Bericht der Apostelgeschichte, dann wird dadurch aber die Verkündigung des Evangeliums nicht sinnlos. Im Gegenteil. Am Anfang schildert Petrus die Erfahrung, dass Gott selbst, und nicht etwa das Korsett unserer Regeln bestimmt, wer Gott "willkommen ist". Dann aber erkennt Petrus seine Aufgabe, diesen Menschen von Jesus zu berichten. "Noch während Petrus dies sagte, kam der Heilige Geist auf alle herab, die das Wort hörten."
  • Gott selbst also hat Menschen berufen, in dem was sie tun, gerecht zu sein. Der Heilige Geist aber kommt auf sie herab, als Petrus ihnen verkündet: Nicht aus menschlicher Kraft und aus uns allein müssen wir leben. Gott selbst hat den ersten Schritt getan, indem er Mensch geworden ist und uns einlädt, in der Gemeinschaft der Kirche aus der Verbindung mit ihm, Gott zu leben. Das Unterscheidende der Kirche ist nicht die Gerechtigkeit, die wir für uns gepachtet hätten, sondern dass wir als Sünder und fehlbare Menschen berufen sind, uns von Gott erfüllen, stärken und leiten zu lassen.
  • In diesem Abschnitt der Apostelgeschichte geht die Firmung gleichsam der Taufe voraus. Petrus fragt die anderen Jünger: "Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben?" Für uns heute heißt das: Sind wir als Gemeinschaft der Kirche offen, für die vielen Erfahrungen der Gegenwart Gottes? Leben wir einladend, dass die Taufe als Geschenk erkannt werden kann - das größte Geschenk sogar? Denn darin gibt uns Gott selbst die Erkenntnis: Ich bin bei dir, Tag für Tag, im Leben und im Tod. Um mit dem Epheserbrief zu schließen: "Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist." Amen.