Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zu Pfingstmontag Lesejahr A 2014 (Epheserbrief)

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9. Juni 2014 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

In dem Gottesdienst werden fünf Kinder getauft

1. Bewahrt die Einheit des Geistes im Frieden

  • "Die Einheit des Geistes wahren", schreibt Paulus im Epheserbrief. Klingt gut, ist es aber nicht immer. "Einheit des Geistes" würde unerträglich, wenn es in dieser Einheit eng und muffig würde.
  • Das Zitat aus dem Epheserbrief steht in Latein über dem Eingangsportal unserer Kirche: "Servate unitatem spiritus in vinculo pacis". In der Übersetzung, die wir gehört hatten: "Bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält." Wörtlich: "Bewahrt die Einheit des Geistes in den (oder: durch die) Bande(n) des Friedens".
  • Heute, am Pfingstmontag ist ein guter Anlass, sich diesem Bibelwort zu stellen. Die Kinder, die heute getauft werden, werden im Sakrament der Taufe in eine mystische Gemeinschaft eingefügt, in der es zentral um diesen Geist und diesen Frieden geht: Um den Geist Gottes, der die Kraftquelle der einen Kirche ist, und um den Frieden, der Himmel, Erde und Menschen verbindet.

2. Berufen der Leib Christi zu sein

  • Christen verstehen die Taufe als eine Berufung. Wenn wir kleine Kinder taufen, dann ist völlig klar, dass diese Berufung nicht aufgrund besonderer Leistungen erfolgt. Die Berufung in die Gemeinschaft des Volkes Gottes ist keine Leistungsgratifikation, sondern vielmehr eine Zusage, eine Stärkung, ein Versprechen Gottes und seines Volkes. Die Hoffnung ist, dass hier eine Einheit des Geistes entsteht, die in einer vielfach gespaltenen Welt das Sakrament der Heilung und Liebe ist. Die Einheit ist keine menschlicher Entscheidung und Macht, sondern eine heilige Einheit, die wir von Gott erbeten und erhoffen: "ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist."
  • Durch Geburt gehören wir - wenn wir Glück haben - in eine Familie, haben Eltern, vielleicht Geschwister und Verwandte. Durch die Geburt bekommen wir - im Normalfall - eine Staatsbürgerschaft und gehören zu einem Volk. Durch die Taufe aber werden wir Teil einer Familie, eines Volkes, ja eines lebendigen Leibes aus vielen Gliedern, die jede Grenze von Familie, Volk, Sprache und Kultur umgreift und überschreitet. Die Einheit besteht nicht in all dem, was Menschen machen, um eine Einheit zu bilden, sondern Jesus, der Christus, der mystisch gegenwärtig ist, wo wir seine Sakramente feiern, in seiner Liebe einander begegnen, uns durch ihn zu Gott führen lassen.
  • Christsein bedeutet dadurch: Aufmerksam mit helfen, dass solche Einheit und solcher Frieden möglich wird. Gott schenkt ihn. Aber es braucht Menschen, die ihre Hände öffnen, um ihn zu empfangen. Vor allem braucht es Menschen, die den Mut zum Glauben haben, denn wir glauben an Christus, dessen Stärke sich in der Schwäche, dessen Liebe sich im Vertrauen bis zum Tod am Kreuz, und dessen Kraft sich im Loslassen erweist. Christsein ist dann, sich an die Seite dieses Christus zu stellen, an die Seite derer, die in der Kirche die wahren Christus-Träger sind: die vielen Menschen, die in einfacher Hingabe ihren Glauben leben.

3. Den Heiligen Geist entdecken

  • In der Vorbereitung der Taufen heute sind wir auf die Frage gestoßen: Wer kann für die Kinder, die getauft werden sollen, Taufpate sein?
    Kinder, die heranwachsen, brauchen Menschen, denen sie vertrauen können: Eltern, Familie, Freunde. Die Taufe ist eine gute Gelegenheit, dass diese Verantwortung und die Bereitschaft, sie zu übernehmen, zum Ausdruck kommen. Jeder dieser Paten der Familien bringt eine eigene Lebensgeschichte, ein eigenes Suchen und Ringen, eigene Liebe und Fürsorge mit. Solche Patenschaft ist für ein Kind ein großes Geschenk und wir sind dankbar, Freunde zu haben, die sich dazu öffentlich bekennen.
  • Mir scheint aber ein zweites deutlich: So sehr es die Gemeinschaft der Glaubenden und den Raum der Kirche mit ihren stützenden Traditionen und Riten gibt, so sehr die Heilige Liturgie und die Bibel wesentlich sind, um Christ werden zu können, so sehr steht das dann auch in Gefahr, eng und selbstbezüglich zu werden.
    Neben den Taufpaten, die helfen zu beten und in der Gemeinschaft der Kirche zu leben, brauchen Kinder, die in einem starken Glauben heran wachsen sollen, die Gefährtenschaft von Menschen, die mit den Eltern die Werte teilen, die sich in der christlichen Tradition bewährt haben; Menschen die Gefährten sind und für den Teil unserer Kultur und Gesellschaft stehen, der nicht kirchlich ist; Freunde der Kinder, die getauft werden, und die dennoch für sich selbst nicht den Weg der Gemeinschaft der Kirche gehen.
    Es ist es nicht einfach abwegig, wenn Eltern anlässlich der Taufe solche Freunde bitten, Gefährten und Paten ihrer Kinder zu sein, auch wenn sie nicht Taufpaten im eigentlichen sein können, deren Aufgabe ja ist, neben den Eltern die Gemeinschaft der Kirche zu repräsentieren und die Kinder in dieser Gemeinschaft willkommen zu heißen.
  • Sie, diese Gefährten der Familien, die heute mit dabei sind, um Paten für die Kinder zu sein, erinnern uns daran, dass Christus, der Sohn Gottes, an den wir glauben, uns auf vielen Wegen begegnen und in vieler (nicht aller!) Weise begegnet. Dort, wo Sie, die hier in der Kirche zu Gast und bei den Tauffamilien als Freunde zu Hause sind, ihre Fürsorge und Freundschaft mit uns teilen, offenbaren sie uns einen wichtigen Teil der Wirklichkeit Gottes, der uns Christen zusammen führt in der Einheit des Geistes und der uns im Frieden bewahren will; dieser Gott der die Kinder in der Taufe beruft, ein Glied der Kirche des Volkes Gottes zu werden, dieser Gott ist der immer größere Gott, dessen Frieden sich nicht auf einen innerkirchlichen Hausfrieden beschränkt, sondern uns hinausführen will zu dem Frieden, der die ganze Welt umgreift. Amen.