Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Taufe des Herrn 2004 (Lesejahr C)

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11.01.2004 - Kaiserdom, Frankfurt

1. Reines Wasser

  • Wasser ist das Element des 3. Jahrtausends. Diesen Eindruck konnte die Weltausstellung zur Jahrtausendwende 2000 in Hannover hinterlassen. Kaum ein Land, das seinen Pavillon nicht in der einen oder anderen Weise mit Wasser gestaltete: ruhige Teiche, fließende Bäche, plätschernde Wasservorhänge als Fassade. Dazu unzählige Bilder und Monitore, die immer wieder das eine zeigen: Wasser.
  • Niemand, der nicht unmittelbare Assoziationen zum Thema hätte. Um zwei Pole kreisen die Vorstellungen von Wasser: um Erfrischung und Reinheit. Auch für wen der primäre Gedanke zu "Erfrischung" ein frisches Bier ist - der wichtigste Bestandteil ist auch hier gutes Wasser. Vor allem aber ist es Reinheit, die im Bewusstsein oder Unterbewusstsein zum Wasser gehört. Dabei ist den meisten von uns noch gar nicht mal bewusst, wie wenig selbstverständlich der ständige Zugang zu reinem Wasser ist. In der Menschheit gehören wir zur Minderheit, für die reines Wasser nicht nur Wunsch und Traum, sondern zumeist Bestandteil des Alltags ist.
  • In der Veranstaltungsreihe "Globalisierung" in diesem Semester geht es um Wasser. In den Vorträgen und Diskussionen werden wir genauer hinschauen, wie umkämpft das "blaue Gold" in vielen Teilen der Welt ist, und warum Wasser zur entscheidendsten Ressource der Zukunft geworden ist.
    Mindestens so sehr wie durch direkte Verschmutzung verliert das Wasser seine Reinheit durch eine schleichende Kommerzialisierung. Immer öfter bestimmen nicht mehr Staaten und Kommunen über die Verteilung von Wasser, sondern wird das Feld weltweit operierenden Konzernen überlassen.
    Wasser hat schon lange die Unschuld verloren und ist zum Spekulationsobjekt geworden. Sauberes Wasser wird schnell zum schmutzigen Geschäft.

2. Reinigung von - Reinigung für

  • "Ich taufe euch nur mit Wasser", gibt der Täufer Johannes denen zur Antwort, die ihn fragen, ob er der Messias sei. Er tauft die Menschen zur Reinigung von ihren Sünden. Dazu stellt er sich zu den Menschen in den Jordan und übergießt sie mit Wasser. Das Wasser soll ihre Bitterkeit wegnehmen. Das Wasser des Jordan ist der Ort, mit der Vergangenheit aufzuräumen. Es ist wie mit dem Wasser der Rempelquelle in der Vision es Ezechiel: "Weil dieses Wasser dort hinkommt, werden die Fluten gesund; wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben." (Ez 47,9)
  • Johannes sieht auf den Grund der Seele. Er sieht die Verstrickung in Ungerechtigkeit. Er hat die prophetische Berufung, die Menschen aufzurufen zur Abkehr von ihrer Selbstgerechtigkeit, von Ausbeutung und Erniedrigung. Gerade den Mächtigen und Selbstgerechten gilt seine Predigt.
    Die Taufe des Johannes ist Reinigung vom Gewesenen. Die Johannestaufe ist daher so etwas wie Vergangenheitsbewältigung. Das ist nicht wenig.
  • Aber Johannes kündigt an, dass "einer kommt". Der Kommende ist Jesus, der Christus. Für die Christen bleibt aber Jesus auch der eine, der da kommt. Sein Ankommen bei Johannes am Jordan, sein ganzes weihnachtliches Ankommen in der Geschichte, ist nur der Anfang des großen Kommens: In ihm will Gott die ganze Schöpfung vollenden. Die Christen sind daher nicht einfach auf den Namen des Jesus von Nazareth getauft, sondern des Jesus Christus, dessen Tod wir verkünden, dessen Auferstehung wir preisen, weil wir glauben: er kommt in Herrlichkeit.
    So ist die Taufe des Johannes nicht nur Reinigung von Ungerechtigkeit. Es ist auch Vorbereitung für das Neue.

3. Geist und Feuer

  • Johannes kündigt den Christus an: "Es kommt aber einer, der stärker ist als ich ... Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen." Johannes wusste, dass seine Taufe nur Vorbereitung ist. Ohne die Vorbereitung im Sinne des Täufers ist das Kommende nicht möglich. Aber die Übergießung mit reinem Wasser ist nur der erste Schritt.
  • Jesus ist für Johannes der kommende Messias, der Christus, der mit heiligem Geist und Feuer taufen wird. Der Geist gibt dem Neuen die Gestalt. Das Feuer macht es unverwechselbar.
    Der Heilige Geist macht Menschen zu Zeugen der neuen Gemeinschaft, zu der Gott uns Menschen ruft. Lukas, der Evangelist, wird später schildern, wie am Pfingsttag dieser Geist über die Jünger kommt. Der Geist kommt in Gestalt von Feuerszungen, da die Kirche, die er erwecken will, keine erstarrte Institution sein soll und keine Versammlung unterkühlter Beter.
  • Daher bleibt uns die Taufe bitter nötig. Für jeden von uns und für die Kirche als Ganze muss das Wasser neu in Bewegung geraten. An den bitteren Wassern dieser Welt allein kann sich das reine Wasser bewähren. In der Mutlosigkeit muss der Geist hineinfahren mit Feuerskraft. Darin liegt unsere Berufung als Getaufte. Amen.