Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Taufe des Herrn 2013 (Lesejahr C)

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13. Januar 2013 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Wortereignis

  • Gott redet nicht, Gott spricht. Und Gottes Wort ist immer Schöpfung von etwas Neuem. Zugleich aber ist Gottes Wort immer auch Erfüllung, von dem was schon da ist, denn Gott ist ewig. Das klingt fast widersprüchlich und ist doch wesentlich. Die Wirklichkeit Gottes erreicht uns dadurch, dass Gott spricht. Sein Sprechen ist Handeln und sein Handeln ist eine Form von Sprechen, weil es die Sprache ist, in der er zu uns spricht.
  • Diesen Zusammenhang finden wir in allen drei Lesungen des heutigen Festes. So hieß es etwa in der Rede des Petrus, die wir aus der Apostelgeschichte gehört haben: Gott "hat das Wort den Israeliten gesandt, indem er den Frieden verkündete durch Jesus Christus". Das Ereignis des Friedens geschieht also durch seine Verkündigung im Wort. Das Wort setzt - zumindest von einer Seite - die Bereitschaft zum Frieden voraus. Zum Frieden wird es aber durch das Wort, weil es einerseits durch das Wort verstehbar wird, und andererseits dadurch Öffentlichkeit entsteht, wir also um das Gemeinsame wissen.
  • Noch deutlicher ist dies beim Versprechen. Dadurch, dass ich jemandem etwas verspreche, entsteht eine neue Realität. Ich kann für mich selbst immer schon bereit gewesen sein, einem anderen die Treue zu halten. Aber wenn ich es - gar vor anderen - ausspreche, werde ich zu "Einem, der versprochen hat", oder wird, wie bei der Ehe, sogar ein Rechtsakt gesetzt.

2. Du bist mein geliebter Sohn

  • Diese bisherige Überlegung soll helfen zu verstehen, was damals am Jordan bei der Taufe Jesu geschehen ist. Es war ohne Zweifel ein zentraler Moment für Jesus. Ich vermute, er selbst hat im Rückblick von diesem Augenblick her sein Leben gedeutet und es in diese Schilderung verdichtet. Ob Jesus die Worte als Audition ('Vision für die Ohren') gehört hat, ist schwer zu entscheiden, aber das Phänomen als solches gibt es, dass Menschen etwas klar und deutlich hören, das auf keine menschliche Stimme zurück geht: "Eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden."
  • Jesus war schon zuvor Gottes Kind. Er ist es von Ewigkeit her, aber er ist es auch als Mensch und Israelit. Es wird dieser Moment beim Täufer Johannes am Jordan gewesen sein, von dem her Jesus begonnen hat, seine Herkunft aus Gott auch für sich zu verstehen und zum Mittelpunkt seiner Verkündigung vom Reich Gottes zu machen. In der Stimme vom Himmel setzt sich die Wahrheit seiner Herkunft um in die Realität seines Lebens.
  • Das Lukasevangelium betont, dass sich "der Himmel öffnete", die Geistkraft auf Jesus herabkam und er die Stimme hörte "während er betete". Das Erfülltsein durch Gottes Geist, die Verbundenheit mit Gott im Himmel und das Verstehen der eigenen Sendung setzt das Beten voraus, nicht das sprechende Beten, sondern das hörende Beten.
    Nicht dass der hörende Beter unbedingt die Stimme Gottes in einer Audition hört. Aber im Beten kann ein Wort, das mir durch andere gegeben wird oder aus der Heiligen Schrift kommt, sehr wohl mit der Kraft Gottes mein Leben verstehbar machen und zur klaren Sendung werden. Auch für Jesus kann die Stimme, die er gehört hat, durch ein Schriftwort geprägt gewesen sein, etwa aus Psalm 2 oder Jesaja 42,1, was wir heute als Erste Lesung gehört haben. Das Wort macht verständlich, was geschieht - und durch das Wort geschieht etwas.

3. Taufe am Jordan

  • Weder das Gebet Jesu noch die Stimme Gottes, die ihn als auserwählten Sohn bekennt, geschehen im luftleeren Raum. Es ist ein bestimmtes Ereignis, dass durch dieses Wort geprägt und verstehbar wird. Das Getauftwerden im Jordan wurde zum Schlüsselereignis für Jesus selbst. Im Rückblick ist die Taufe des Jordan der eigentliche Beginn des Evangeliums.
  • Jesus kommt an den Jordan und wird mit dem Angebot des Täufers konfrontiert, die Taufe zur Vergebung der Sünden zu empfangen, die Taufe also, die die Verbindung mit Gott erneuert. Und Jesus, der bereits schon ganz aus der Verbindung mit seinem himmlischen Vater lebt, nimmt an der Seite der sündigen Menschen diese Taufe an. Er lässt sich um der Menschen willen unter die Sünder zählen. Das ist das Ereignis, dass sich in ihm Gott nicht als Gesetzgeber von außen über die Sünder erhebt, sondern mit ihnen zur Umkehrtaufe in den Jordan steigt. Während andere ihre Schuld leugnen und kleinreden, um sich von 'den anderen' absetzen zu können, die sündig sind, will Jesus sich nicht abgrenzen und außen vor halten. Deswegen empfängt er die Johannestaufe.
  • "Du bist mein geliebter Sohn." Ohne dieses Ereignis wäre das Bekenntnis des Vaters zum Sohn eine nichtssagende Formel, als hätte sich Gott beliebig irgend jemand herausgepickt. Durch das Ereignis bekommt das Wort einen Sinn und wird für Jesus wie später für seine Jünger und die Kirche das Ereignis verstehbar: Jesus ist der von Gott gekommene einziggeborene Sohn Gottes. In ihm erfüllt sich der Name Gottes: Ich bin, der ich bin, der da ist für euch, der gute Hirte, der an der Seite seiner Schafe geht, ja, ihnen voraus geht, wo es gilt das Kreuz zu tragen. Amen.