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24.12.2007 - Oberschwappach/Knetzgau
1. Wer sein
Wieder wer sein. Nicht mehr von anderen herumgeschubbst werden. Nicht mehr zweiter Klasse sein. Selbst das Leben bestimmen können. Wieder wer sein. Wer will das nicht? Jeder von uns hat den Anspruch oder die Hoffnung, selbst über sein Leben zu bestimmen. Jeder von uns möchte Anerkennung. Jeder möchte wer sein - oder wieder wer sein.
Wieder wer sein. Diese Hoffnung steht über Israel, als im Stall von Betlehem ein Kind geboren wird. Ein kleines Land am Rande der Welt fühlt sich herumgeschubbst von den Weltmächten. Politisch ist es bedeutungslos. Wirtschaftlich ist es vernachlässigenswert. Militärisch scheidet es völlig aus. Daran können auch ein paar aufständische Terroristen nichts ändern. Trotzdem möchten auch diese Menschen ihren Platz in der Welt.
Dafür steht der Name des Königs David. Unter David war Israel - vielleicht das einzige Mal in seiner Geschichte - so etwas wie politisch bedeutend. Er hat die Stadt Jerusalem groß gemacht. Daher stellt das Matthäusevangelium den König David groß in den Stammbaum Jesu. Doch am Anfang steht ein anderer: Abraham. Und auf David folgt nach vierzehn Generationen die Katastrophe: Die Zerstörung Jerusalems und das Exil in Babylon. Und am Ende steht ein Mann, der nicht dabei war, als das Kind empfangen wurde: Joseph.
2. Vom Heiligen Geist
Wir feiern das Fest der Hoffnung. Und doch wird heute die Hoffnung umgedreht. Was immer Joseph sonst geträumt haben mag von seinem berühmten Vorfahren David. In dieser Nacht erfährt er eine andere Botschaft im Traum. Er soll ein Kind annehmen, das ihm von Gottes Heiligem Geist untergeschoben wird.
Die Hoffnung beginnt nicht in den Palästen der Könige. Die Königswürde des Neugeborenen leitet sich nicht von Menschen ab, sondern von Gott. Deswegen werden die Könige und ihre Statthalter von Herodes bis zu Pilatus ihre Schwierigkeit haben mit dem Kind. Deswegen wird das Kind zur Hoffnung derer, die nicht auf die Macht der Könige bauen, sondern auf Gott.
Wir sollten das in Erinnerung behalten in unserer eigenen Hoffnung. Die kleinen und großen Paläste der Mächtigen locken. Es lockt, selbst zum König zu werden. Es klingt besser zu einer Kirche zu gehören, die wieder populär ist. Es ist verlockend auch daheim das Sagen zu haben. Doch davor stellt Gott den "Josef, Sohn Davids,", der zwar Spross des einstmaligen Königshauses ist, aber das Eigentliche empfangen muss - von Gottes Geist. Vielleicht ist dieser Zusammenhang heute Abend all denen deutlich, die große Hoffnung setzen auf das Weihnachtsfest. Sie tun viel dafür, dass es gelingt. Aber das Eigentliche können wir uns nur schenken lassen.
3. Den Namen Jesus
Joseph "gab ihm den Namen Jesus", 'Jehoschua'. Genau betrachtet ist das alles was Joseph beiträgt zu unserem Fest. Das Kind heißt Jehoschua, 'Gott rettet', "denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen". Das ist der Kern dessen, was Christen in dieser Nacht feiert. Gott rettet, indem er sein Volk von den Sünden erlöst. Dazu wird er Mensch.
Sünde ist das, was trennt. Sünde ist, was Menschen einander antun und womit sie sich in Einem trennen von den Menschen und von Gott. Die Geburt dieses Kindes ist daher der Beginn neuer Gemeinschaft, eines Neuen Bundes, der Trennung überwindet. So sehr wir also Weihnachten in unseren Familien feiern und unter Freunden. Das Fest weist doch weit darüber hinaus.
Dafür steht der Name Abraham. Er steht am Anfang des Stammbaums Jesu, denn Abraham wird der Vater der Völker genannt, ihn hat Gott berufen, ein Segen zu sein für alle Völker. Deswegen ist Abraham auch der Anfang jedes Christen. Wir sind nicht für uns selbst berufen. Wir feiern nicht für uns selbst Weihnachten. Wir sind vielmehr berufen Gottes Größe unter den Menschen zu leben und zu verkünden, indem wir uns an das Kind im Stall halten: in ihm ist der König geboren, der uns "wer sein" lässt, indem wir für einander sind. Amen.