Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 3. Fastensonntag Lesejahr A 2014 (Johannes, eigene Kurzfassung)

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23. März 2014 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. In Beziehungen investieren

  • Kinder pflegt man zu fragen, was sie einmal werden wollen. Seltener werden sie gefragt, was sie jetzt sein wollen.
    Dahinter steckt die Erfahrung des Bauers, der jetzt sät und pflanzt, damit später etwas wächst, oder die Erfahrung des Investors, der heute Zeit und Geld in ein Projekt steckt, damit es später Rendite abwirft. Es ist eine Lebenserfahrung, die uns selbstverständlich ist, dass man erst etwas aufwänden muss, und der Ertrag - wenn es gut geht -später kommt.
  • Das ist so selbstverständlich, dass man übersehen könnte, dass auch das Jetzt seinen Wert jetzt haben kann und nicht erst später, wenn man den Ertrag bemessen kann. So ist auch ein Kind wertvoll durch das, was es jetzt ist, jetzt ein Mensch mit Träumen und Sehnsucht, die jetzt wertvoll sind und nicht erst zu irgendeinem Bilanzstichtag später einmal.
  • Das gilt für Beziehungen besonders. Wer nur 'in Beziehungen investiert', ist ein armer Tropf. Ihm entgeht das Geschenk der personalen Beziehung jetzt. Mit all den Hochs und Tiefs, den Freuden und Lasten, den zärtlichen Momenten und den Trockenheiten ist eine Beziehung wertvoll nicht wegen einer positiven Bilanz am Ende, auch nicht wegen irgendeiner Zwischenbilanz, sondern weil sie mich jetzt leben lässt.

2. Zu Gott in Beziehung treten

  • So ist es auch mit der Beziehung zu Gott, wenn sie denn personale Beziehung ist und nicht irgendeine krude Form von Geschäftsbeziehung, als spirituelle Lebensversicherung für den Fall, dass mit dem Tod nicht alles aus ist; oder wenn die Gottesbeziehung sich auf die Ausübung von Pflichten reduziert, weil Eltern oder soziale Normen verlangen, dass man zum Gottesdienst geht. All dies wäre keine personale Gottesbeziehung; das wird es erst, wenn die Formen und Riten von einer auferlegten Pflicht zum lebendigen 'Leib' der Beziehung werden, die mich mit Gott verbindet.
    Und auch die Gottesbeziehung ist wertvoll nur jetzt, ob es gerade eine Glückserfahrung oder ob es die Erfahrung der Ferne und Trockenheit ist.
  • Konkret wird es im Blick auf meine Gebets-und Gottesdienstpraxis. Ja, da gibt es die Gottesdienste, die eher zum Abtörnen sind, und es gibt die Gebete, wo sich nichts zu bewegen scheint. Ja, dann ist es hilfreich, den Blick nach vorne zu tun in Hoffnung, dass ich meinen Glauben wieder positiver erlebe, wenn ich jetzt dran und auf der Suche bleibe.
  • Aber vielleicht ist sie doch wertvoller Teil dieser ringenden, lebendigen Beziehung zu meinem Gott, diese Trockenheit im Gebet oder dieser Sonntag, an dem ich in der Kirchenbank sitze und mich frage ob der Brunch im Café um die Ecke nicht die erfüllendere Alternative gewesen wäre. Vielleicht ist es auch so, dass wir in der Beziehung zu Gott und auch im Ritus der Kirche erst wieder lernen, das Jetzt nicht nur nach Maximen der Gewinn- und Lust-Maximierung zu bewerten, sondern das Jetzt als Wert an sich zu entdecken.

3. Speise zum Leben

  • Diese Überlegungen hat bei mir ein Satz Jesu aus dem heutigen Evangelium angestoßen, der in dem langen Abschnitt leicht untergeht, weil er nicht in dem zentralen Gespräch fällt, in dem sich Jesus der Samariterin als Messias offenbart, sondern in dem kurzen Zwischenspiel, einem Gespräch mit seinen Jüngern. Da sagt Jesus: "Meine Speise ist es, den Willen dessen zu tun, der mich gesandt hat".
  • Nicht seine Pflicht, nicht seine Aufgabe, nicht etwas, zudem man ihn zwingen müsste ist es für Jesus, den Willen seines himmlischen Vaters zu tun, sondern es ist ihm wie etwas zu essen, Grundnahrung ohne die er nicht leben kann. Wie der Leib nicht ohne Nahrung leben kann, so kann der ganze Mensch nicht leben, wenn er nicht von der grundlegenden Beziehung zu Gott getragen ist. "Der Wille dessen, der mich gesandt hat" bezeichnet die Gerechtigkeit und Liebe, die Gottes Gebot ist. Es ist das, was Jesus so sehr für sich angenommen hat, dass er ohne das verhungern würde.
  • Ebenso ist das Tun der Gerechtigkeit und Liebe nicht eine anstrengende Investition, von der ich hoffe, dass sie sich eines Tages auszahlt. Vielmehr ist, um es in dem Bild auszudrücken, das Jesus im Evangelium verwendet, wie wenn die Zeit der Aussaat und die Zeit der Ernte nicht vier Monate auseinander lägen, sondern in eins fallen würde.
    Wer einem anderen Menschen in Liebe begegnet, ihm Gerechtigkeit zukommen lässt und ihm die Liebe Gottes verkündet (Letzteres ist im Evangelium der Kontext), der erlebt die Frucht im Moment der Aussaat, muss nicht abwartend spekulieren, sondern erlebt hier, in diesem Augenblick, den Sinn dessen, was er lebt. Ja, in der Liebe fallen die Frucht der Gegenwart und der Zukunft in eins mit der Frucht und dem Sinn des ganzen Lebens: Gottes Ewigkeit wird Gegenwart, die uns Leben schenkt wie eine Speise, die den Leib ernährt. Amen.