Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 3. Fastensonntag Lesejahr B 2015 (1Korinther)

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8. März 2015 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg

1. Sich sicher

  • Zehn Gebote. Neben der Goldenen Regel gelten sie als Inbegriff unseres moralischen Leitsystems, zumindest die sieben, die vom Zusammenleben der Menschen handeln. Vielen Getauften ist es selbstverständlich, diese Gebote nicht nur als das Zentrum zu sehen. Für nicht wenige ist alles andere entbehrlicher Überbau, sowieso die Kirche, auch Gebet und Gottesdienst. Die ersten drei Gebote sind in dieser Sicht ohnehin eher antiquiertes Beiwerk. Vielleicht sollte man lieber nur ganz allgemein von Nächstenliebe sprechen. - Diese Form säkularisierten Glaubens ist ihrer Sache zumeist sehr sicher.
  • "Der Eifer für dein Haus verzehrt mich." Dieses Schriftwort fällt den Jüngern ein, wenn sie Jesus sehen, der die Krämer und Händler aus dem Tempel vertreibt. Diesen Eifer vermissen manche Getaufte heute in den Kirchen. Ihnen ist der Glaube wichtig. Sie setzen sich dafür ein, dass die Gottesdienste richtig gefeiert werden und der Lehre der Kirche rein und unverfälscht Geltung verschafft werde. Wir hatten an unserer Kirche hier die Jahre, in denen jeder, der diesem Ideal nicht entsprach, die Taufe des Kindes verweigert wurde und er deutlich zu spüren bekam, dass er kein echter Christ sei.  - Diese Form eifernden Glaubens ist ihrer Sache zumeist sehr sicher.
  • Wir könnten andere, alltäglichere Formen finden, in denen Menschen ihrer Sache sehr sicher sind. Sie machen ihre Sache wahrscheinlich auch wirklich gut, haben begründete Überzeugungen, festen Glauben, beeindruckendes Engagement. Und doch fehlt dem das, was entscheidend ist. Darauf weist uns die Lesung aus dem Ersten Korintherbrief hin, die heute zwischen die Lesung von den Zehn Geboten und das Evangelium von der Tempelreinigung gestellt ist.

2. Kreuz

  • "Christus als den Gekreuzigten". Dieser Kern des christlichen Glaubens steht noch einmal quer zu allen Sicherheiten. Paulus wird später im selben Brief an die Korinther noch einmal schreiben, dass alle hervorragenden Leistungen nichts wert sind, wenn die Liebe fehlt. Das wird häufig zitiert. Aber hier formuliert er den selben Gedanken. Ohne "Christus als den Gekreuzigten" ist der Glaube und ist das Christsein hohl und leer.
  • Das Kreuz, wenn es denn wirklich das Kreuz meint, eignet sich nicht zur Gewissheit. Der Höchste, der von Gott Gesalbte - das bedeutet Christus - ist der, den sie in den Knast gesteckt, verurteil und hingerichtet haben. Er ist jämmerlich gestorben. Mit ihm sind die Hoffnungen, er werde es sein, der das Reich Israel machtvoll wieder aufrichten werde, gestorben.
  • "Christus als den Gekreuzigten" bedeutet, dass Gott keinen Trumpf in der Hand behält, denn die Auferstehung ist das gewiss nicht. Der Glaube verkündet nicht, dass durch großen Eifer die Auferstehung kommt. Es gibt keine Möglichkeit, durch ethischen Hochleistungssport die Auferstehung wasserfest zu machen. Es gibt nur das Kreuz, an dem alle Sicherheit dahin ist. Die völlige Hingabe des Kreuzes ist der entscheidende Stolperstein, das skandalon, für die Glaubenden. Für die Nicht-Glaubenden ist es einfach nur blanker Unsinn. In den Wort den des Paulus: "für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit". Nur für diejenigen, die sich auf den Weg der Berufung wagen, ist das Kreuz der Weg, "Gottes Kraft und Gottes Weisheit" zu vertrauen

3. Fastenzeit

  • Vielleicht ist diese Lesung ein guter Hinweis auf den Sinn der Fastenzeit. Sie kann eine Zeit der Übung werden, etwas weniger selbstsicher zu sein. Nicht Christus als den Herrscher, den Superheiligen und Überflieger sondern "Christus als den Gekreuzigten" zu leben.
  • Die Fastenzeit ist daher nicht als Wellness-Wochen gemeint. Es ist auch nicht ihr Sinn, schlechte Angewohnheiten für vierzig Tage auszusetzen (und danach wieder alle herunterzumachen, wie hässlich sie seien). Das Fasten geht vielmehr in die Richtung, etwas von dem bewusst wegzulassen, das schön und wertvoll, nicht weil es überflüssig und schädlich ist. Denn nur so kann das Fasten wenigstens von Ferne auf das Kreuz verweisen, in dem Christus das Leben genommen wurde.
  • "Das Törichte an Gott ist weiser als die Menschen, und das Schwache an Gott ist stärker als die Menschen." Bevor Paulus so etwas schreiben konnte, musste ihm erst viel an seiner Selbstsicherheit zerbrechen. Aber jetzt ahnt er, dass dieser Gott wirklich größer ist als jedes Bild, das wir uns von ihm machen. Auf diesen Gott sich einlassen, ist ein törichtes, skandalöses Wagnis. In Christus hat Gott selbst es gewagt. Amen.