Predigt zum Palmsonntag im Lesejahr B 2012 (Markus)
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18. März 2012 - Kleiner Michel (St. Ansgar), Hamburg
1. Notwendigkeit der Ereignisse des Palmsonntag
- Was heute durch Jesus von Nazareth in Jerusalem geschieht ist kein Zufall. Es ist kein Zufall, so als
hätte es auch einem anderen geschehen können, an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit, oder als
hätte die Ankunft Jesu in Jerusalem auch anders geschehen können, oder hätte er auch wo anders
hingehen können. All dies ist, so wie es geschehen ist, kein Zufall, sondern Notwendigkeit.
- Allerdings ist diese Notwendigkeit eigener Art. Es ist keine von außen kommende Notwendigkeit,
aufgezwungen durch Strippenzieher oder unabänderliches Schicksal. Es ist auch keine Notwendigkeit
aus innerem Zwang.
- Jesus ist diesen Weg gegangen, weil er sich für die Treue Gottes und für die Liebe Gottes zu den
Menschen entschlossen hat. Mehr noch: Ihm ist diese Treue und Liebe zuinnerst und zu eigen. Dabei
wusste er, was auf ihn zukommen würde. Drei Mal hatte er es seinen Jüngern auf dem Weg
angekündigt: "der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohenpriestern und
den Schriftgelehrten verworfen werden; er werde getötet" werden (Mk 8,31). Das wusste er. Aber mehr
noch hat er darauf vertraut, dass Gottes stärker ist als jede Notwendigkeit. Jesus hat sich die von
seinen Gegnern aufgezwungene Notwendigkeit zu eigen gemacht, er hat sie angenommen und lässt sie
so von Gott verwandeln.
2. Die Treue Gottes erfüllt sich
- Jesus geht nach Jerusalem, weil Gott dieser Stadt zugesagt hat, dass sie den Messias schauen werde.
Gott erwählt nicht einen Ort wie Jerusalem, um ihn billig zu verwerfen. Jesus geht bewusst nach
Jerusalem, um Gottes Verheißung zu erfüllen, dass sich hier das Heil ereignet - wenn auch ganz anders,
als es die Menschen erwartet hatten.
- Diese Stadt hat Könige wie David und Salomo geschaut, aber auch Könige, die ganz auf die
Gerechtigkeit Gottes vergessen hatten. Könige haben hier Steuern und Armeen ausgehoben und sind
von hier in die Schlacht gezogen, ohne nach dem Willen Gottes zu fragen. Das Königtum Israels ist
hier gescheitert. Gott hat zugelassen, dass diese Versuche menschlicher Macht scheitern; das Alte
Testament scheut sich nicht zu sagen: Gott hat Israel in dieses Scheitern geführt.
- Denn zugleich hat Gott den Propheten Sacharja die Verheißung sprechen lassen: "Jauchze, Tochter
Jerusalem! Sieh, dein König kommt zu dir. Er ist gerecht und hilft; er ist demütig und reitet auf einem
Esel, auf einem Fohlen, dem Jungen einer Eselin" (Sach 9,9). Die machtvollen Könige sind gescheitert,
damit das Volk Hoffnung habe auf diesen anderen König. Wann und wie er erscheinen würde, hat
keiner gewusst.
Jesus hat in königlicher Souveränität ein Eselsjunges für sich in Anspruch genommen: Jerusalem sollte
den König schauen, der auf dem jungen Esel als Friedensfürst reitet. Gottes Herrschaft, das Reich
Gottes sichtbar zu machen, ist Jesus zu dieser Zeit und an diesen Ort gekommen.
3. Die Liebe gewährt Hoffnung
- Nicht nur zurück in die Vergangenheit geht das Handeln Jesu. Es eröffnet die Heilige Woche:
Gründonnerstag, Karfreitag, die Ruhe des Karsamstags und die Neuschöpfung des Lebens in der
Osternacht.
- Im heutigen Ereignis nimmt Gott unsere Sehnsucht ernst. Jesus wehrt seine Jünger nicht, ihre Kleider
auszubreiten und "Hosanna! Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn!" zu rufen. Wir sollen
und dürfen unserer Sehnsucht Ausdruck geben. Wir sollen und dürfen Hoffnung und Sehnsucht haben,
dass dieses Leben getragen und sinnvoll ist, dass dieser Planet nicht den Machthabern dieser Welt
ausgeliefert bleibt. Wir dürfen Hoffnung und Sehnsucht haben, dass unser Leben Teil von etwas
Größerem ist, das aus Gott kommt.
- Dies gilt auch, nachdem uns die lange Passionsgeschichte aus dem Markusevangelium gelesen wurde.
Wir müssen heute, am Palmsonntag, noch nicht verstehen, wie und warum das der Weg ist. Wir dürfen
aber zu unserer Hoffnung stehen und uns in die Woche und in das Leben, die vor uns liegen,
vorantasten - wissend dass Christus diesen Weg gegangen ist in Treue und Liebe. Amen.