Predigt zum 16. Sonntag im Lesejahr B 2006 (Markus)
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23. Juli 2006 - Universitätsgottesdienst St. Ignatius Frankfurt
1. Arbeit und Dienst
- Mancher hat einen 60-Stunden Job und engagiert sich trotzdem noch ehrenamtlich
in der Gemeinde. Leute, die den ganzen Tag eingespannt sind und sechs Tage
in der Woche arbeiten, und dennoch ist es ihnen wichtig, am Sonntag in der
Gemeinde einen Dienst zu übernehmen. Fragt man sie, warum sie das tun,
ähneln sich die Antworten: Diese Leute sind dankbar, dass sie eine gute
Arbeit haben, die sie und ihre Familie ernährt. Aber diese Arbeit allein
würde sie nicht erfüllen.
- Oft ist es die Arbeit über den Job hinaus, die das Gefühl geben
kann, an der Seite Gottes zu arbeiten - oder einfach nur etwas Sinnvolles
zu tun. Jede Arbeit, die dazu beiträgt, dass wir leben können, ist
sinnvoll, ob am Schreibtisch oder in der Produktion, ob Familien- und Beziehungsarbeit
oder im Unternehmen. Dass aber ich dabei die Erfahrung habe, etwas Sinnvolles
zu tun, kommt nicht von selbst. Immer muss ich selbst der Arbeit oder auch
dem Studium die innere Ausrichtung geben. Es braucht so etwas wie die Spiritualität
der Arbeit.
- Sinnvoll wird eine Arbeit, wenn sie Dienst ist. Sonst wird sie zur egozentrischen
Machtposition. Dienst aber ist eine Frage der Sendung. Wer nur im eigenen
Auftrag handelt, wird letztlich nur zur Mehrung des eigenen Einflusses, der
eigenen Macht oder des eigenen Geldes arbeiten. Eine Betonung liegt auf dem
"nur". Das eine ist von dem anderen nicht leicht - und schon gar
nicht von außen - zu unterscheiden. Hier ist nicht über andere
zu urteilen. Es ist eine Frage an mich selbst, die ich mir selbst beantworten
muss.
2. Rückkehr zu Jesus
- Zwölf Jünger hatte Jesus ausgesandt. Er hat sie in Dienst genommen,
obwohl sie - den Eindruck erweckt das Markusevangelium - bislang keineswegs
besonders gläubig wären. Im Gegenteil betont das Evangelium noch
kurz nach der Szene des heutigen Evangeliums: "Sie waren nicht zur
Einsicht gekommen, (...) ihr Herz war verstockt." (Mk 6,52). Jesus
nimmt nicht die Frömmsten in Dienst, sondern die, die er senden will.
- Das heutige Evangelium erzählt von der Rückkehr der zwölf
Apostel von dieser ersten Dienstreise im Auftrag Jesu. Was und wie von der
Rückkehr erzählt wird, eignet zu einer Spiritualität des Dienstes
- Erstens heißt es, die Jünger kommen bei Jesus zusammen. Sie
haben ganz verschiedene Orte besucht, je zu zweit hatte Jesus sie gesandt.
Aber jetzt kommen sie wieder bei Jesus zusammen. Wieder bei Jesus zusammen
kommen ist das Erste. Wir tun dies, jeder von seiner Arbeit, heute, am
Sonntag - manche vielleicht auch öfters..
- Zweitens heißt es, dass sie "ihm alles Berichteten; was
sie getan und gelehrt hatten". Das hat eine doppelte Seite.
Von Seiten Jesu spricht daraus das Interesse. Er fragt nach, er lässt
erzählen. Von Seiten der Apostel ist es die Bereitschaft Rechenschaft
zu geben - aber auch einfach die Freude, Jesus und den anderen berichten
zu können, was sie erlebt haben.
- Und Drittens will Jesus die Apostel in die Stille führen. Dieser
dritte Schritt ist vielleicht der schwierigste, schon damals. Weil es
so viel zu tun gibt, scheint die Stille besonders überflüssig
zu sein. Gerade aber die Leere, das Nicht-aktiv-Sein, das Still-beieinander-Sein
mit Gott gibt uns erst den Raum, uns selbst in der vielen Aktivität
zu finden.
- Diese drei Schritte finden sich in der Rückkehr der Jünger exemplarisch.
Sie umzusetzen in unser eigenes Leben und das Leben einer christlichen Gemeinde
oder Gemeinschaft mag nicht immer leicht sein. Sie sind aber unendlich wertvoll
und wichtig. Sie funktionieren nur, wenn wir mit dem ersten Schritt beginnen
und von der eigenen Aktivität zu Jesus zurückkehren. Denn darin
machen wir für uns selbst deutlich und erfahrbar: Was ich getan habe,
im Job, Im Studium oder im ehrenamtlichen Engagement, will ich als Sendung
verstehen und zu Jesus zurück bringen.
3. Der eine Hirt
- Es bleibt nicht viel Zeit. In der Schilderung bei Markus heißt es:
"Sie fanden nicht einmal Zeit zum Essen, so zahlreich waren die Leute,
die kamen und gingen." Vielleicht war es nicht ganz so schlimm.
Aber Markus macht deutlich, dass gerade der Einsatz für das Reich Gottes
eine eigene Dynamik entfaltet und es nicht eine Frage von viel Zeit mit Jesus
ist, sondern das Entscheidende bleibt, wie wir diese Zeit gestalten. Das zeigt
sich an dem Fortgang der Geschichte.
- Denn der Herr ist mein Hirte. Exklusiv! Als die vielen Leute kommen, hat
Jesus "Mitleid mit ihnen; denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten
haben". Der Evangelist benutzt dabei zwei zentrale Wörter des
Alten Testamentes, die dort Gott kennzeichnen: Gott ist barmherzig und Gott
ist der Hirt seines Volkes. Die vielen Leute kommen zu Jesus. Er ist ihr Lehrer
und er wird das wenige, das wir zusammen haben, zur reichen Speisung für
alle machen.
- Wir sollen uns also nicht selbst zu Gott machen. Wir müssen es auch
nicht. "Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen."
(Ps 23,1). Das gilt auch für die Jünger, die er sendet - was
immer unsere Sendung ist, der Dienst in Studium, Arbeit oder in der Familie,
das Engagement in der Gemeinde und für die Armen. Es ist unser Dienst
im Auftrag Jesu. Aber in ihm ist Gott gegenwärtig und im Letzten bleibt
er der alleinige Hirte seines Volkes. Das entlastet mich von eigenen Ansprüchen.
Das gibt mir Vertrauen. Amen.