Predigt 2. Adventssonntag Lesejahr B 2020 (Markus)
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6. Dezember 2020 - Kapelle des Gemeinschaftskrankenhauses St. Petrus, Bonn
1. Anfang des Evangeliums
- Anfang des Evangeliums. Markus ist der erste, der dieses Wort benutzt. Es meint hier noch nicht eine Schrift in der Bibel, sondern eine bestimmte Situation: Ein Herold, ein Bote, verkündet den Regierungsantritt eines neuen Kaisers. Dadurch, dass es öffentlich bekannt wird, beginnt seine Herrschaft. Ohne eine solche Promulgation ist niemand Herrschaft, niemand wüsste davon. Evangelium, öffentlich verkündete Botschaft ist also: Zum König Gesalbter – Christus – ist Jesus, und er ist der Sohn Gottes! Jetzt geht seine Herrschaft los!
- Markus verweist auf den Propheten Jesaja und nimmt dazu drei Abschnitte aus verschiedenen Teilen der Bibel zusammen. Die Christen damals kannten ihre Bibel. "Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen." Das ist ein Zitat (Ex 23,20), das ursprünglich gar nicht davon spricht, dass Gott ein Weg auf der Erde bereitet wird, sondern dass den Menschen ein Weg bereitet wird, um durch die Wüste zu finden: raus aus der Sklaverei hin zu dem gelobten Land, in dem Leben möglich ist.
- Das ist eine kleine Anspielung, aber da sie ganz zu Beginn steht, ist sie von Bedeutung: Der, auf den wir warten und der uns die Frohe Botschaft - das Evangelium - bringt, ist einer, der wie das ganze Volk - wie wir Menschen - unterwegs sein wird durch die Wüste. Er kommt aus der Herrlichkeit Gottes, aber er wird den Weg mit uns gehen als Mensch unter Menschen, geboren von einer Frau aus dem Volk Israel.
2. Den Weg bereiten
- Der Ruf kommt von Johannes, dem Täufer. "Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg!" Der Herr - das ist Gott und zugleich der, der von Gott zu uns auf die Erde kommt: Christus. "Bereitet dem Herrn den Weg", bedeutet: Ob Christus bei uns ankommt liegt zumindest auch an uns. Wir sollen ihm den Weg bereiten.
- Das klingt nach einer Überforderung. Es klingt so, als würde uns die Last aufgelegt, Gott in der Welt präsent zu machen. Als kleine Schar Christen sind wir doch offensichtlich damit völlig überfordert. Deswegen schweigen wir meist lieber, wenn wir nicht gerade am Sonntag unter uns sind, von unserem Glauben an das Evangelium. Wir fühlen uns nicht zuständig, Gott den Weg in diese Welt zu bereiten.
- Vielleicht gibt es eine kleine Rest-Zuständigkeit: Ob Gott den Weg zu uns - in unser Herz - findet, das könnte tatsächlich etwas zu tun haben damit, ob wir bereit sind. Wenn wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind, findet Gott keinen Platz, um bei uns Mensch zu werden. Der Gedanke leuchtet wahrscheinlich eher ein, als der große, dass wir den Weg bereiten müssten, damit Gott auf der großen Weltbühne erscheinen kann. - Und doch scheint der Evangelist genau das zu meinen.
3. Umkehr in Gemeinschaft
- Denn die Frohe Botschaft besteht doch darin, dass öffentlich vor allem Volk verkündet wird: Gott selbst geht mit uns den Weg durch die Wüste; und wir erfahren, dass hier auf Erden Gott ein Weg bereitet wird.
Und dann setzt die Erzählung ein, wie sich das erfüllt, was im Herzen Gottes beschlossen ist und durch die Propheten verheißen wurde: Von der öffentlichen Taufe Jesu im Jordan bis zur öffentlichen Hinrichtung am Kreuz. Das ist für Markus der Inhalt von „Evangelium“
- Die Weise, wie das nach der Schilderung des Markus anfängt ist erstaunlich. Es beginnt mit etwas, das – genau betrachtet – ein Freiluftgottesdienst ist. Johannes ruft die Leute aus ihren Wohnungen in der Stadt hinaus in die Wüste. Die individuelle Umkehr, die Entscheidung von jedem Einzelnen allein ist es noch nicht. Öffentlich wird es durch die Gemeinschaft. Zugleich stützt und motiviert das jeden Einzelnen: Gemeinsam vertrauen und glauben wir Gottes Verheißung und bereiten ihm den Weg.
- Diktaturen und totalitäre Staaten und so manche herrschenden Machthaber im Namen des Islam, versuchen die Öffentlichkeit zu verhindern und gestatten den Glauben bestenfalls privat. Die wissen vermutlich warum. Dort, wo das Evangelium beginnt, sind nicht nur einzelne Menschen und ist die Gemeinde Gottes zur Umkehr berufen. Dort erwächst ihnen auch in dem Gesalbten, dem Christus, eine Konkurrenz, die nicht mehr in den Palästen der Könige, sondern im Stall von Bethlehem, in den Herzen der Menschen und in den christlichen Gemeinden geboren wird. Amen.