Predigt zum 2. Sonntag im Lesejahr B 2009 (Johannes)
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18. Januar 2009 - Hochschulgottesdienst, St. Antonius Frankfurt
1. Seht, das Lamm Gottes!
- "Seht, das Lamm Gottes!", sagt der Täufer Johannes. Und zwei
seiner Jünger folgen dem, auf den er gezeigt hat. Ich denke schon, dass
da mehr gesagt wurde. Aber das Evangelium will ja kein geschwätziger Bericht
sein, sondern das Wesentliche sagen. Der Evangelist ist also der Meinung, dass
damit das Wesentliche gesagt ist. Der Täufer Johannes zeigt auf Jesus und
sagt: "Seht, das Lamm Gottes!"
- In diesem Bild, dem Lamm, ist etwas gesagt, was genügt, dass die beiden
Jesus nachgehen, sich ansprechen und mitnehmen lassen. Das "Lamm Gottes"
fasst zusammen, was sie suchen und was sie motiviert. Denn das Lamm steht in
der Sprache der Bibel für Reinheit und Gerechtigkeit. Ja, recht eigentlich
sind Reinheit und Gerechtigkeit eines.
- Das Lamm Gottes ist nicht der Wolf, der reißt, um für sich zu haben.
Rein zu sein ist das Gegenteil von verschlagen zu sein. Wer alles, was ihm unter
die Finger kommt, unter dem kanibalistischen Blick der Verwertbarkeit betrachtet,
ist nicht rein. Wer alles nur danach bewertet, welchen Nutzen es für ihn
selbst hat, hat die Unschuld hinter sich gelassen. Es braucht das Bild der Reinheit
des Lammes, um zu merken, wie tief wir geprägt sind von diesem Verwertungsdenken,
in dem alles seinen Nutzen haben muss. Einer solchen Kultur fällt es schwer
oder ist es unmöglich gerecht zu sein, weil der andere nicht um seiner
selbst willen sein darf, sondern nur, soweit er effektiv dem eigenen System
eingeordnet werden kann.
2. Wo wohnst du?
- "Wo wohnst du?" Die Jünger hätten das sicher
so nicht gesagt. Höchst wahrscheinlich wussten sie überhaupt nicht
genau, was sie wollten und suchten. Die Sehnsucht sitzt oft so tief, dass
wir gar nicht merken, dass sie eigentlich mächtig stark ist. Wir sehnen
uns nach etwas, das uns schon so gründlich ausgetrieben wurde, dass wir
gar nicht mehr die Sprache haben, es auszudrücken. Wer benutzt schon
das Wort "Reinheit"; für wen ist es schon etwas Positives, wenn von "dem
Lamm" gesprochen wird, dem "Lamm Gottes" sogar?
- Die zwei spüren, dass dieser sie nicht ausnutzt. Vielleicht kennen
sie das von sich selbst, diese Schattenseite im eigenen Herzen, die, warum
auch immer nicht mit dem Lamm, sondern mit dem Schwein symbolisiert wird.
Vielleicht kennen sie den Schock, den einer erfährt, wenn er merkt zu
welcher Selbstsucht er fähig ist, in der er sich vielleicht sogar selbst
besuhlen möchte. Sie haben keine Ahnung, woher das kommt, wollen es nicht
und sind dem doch immer wieder ausgesetzt.
- Deswegen die Frage wo Jesus wohnt. Wörtlich heißt es "Wo
hast du deine Bleibe?". Wenn dieser eine nicht das Schwein, sondern das
Lamm ist, dann liegt darin vielleicht sein Geheimnis. Oberflächlich geht
es um die Wohnanschrift. In der Tiefe aber geht es um die Bleibe.
3. Und sie blieben bei ihm bis zur vierten Stunde
- Sie bleiben ein paar Stunden bei Jesus. Dann gehen sie wieder und treffen
andere und berichten davon. Was in der Zwischenzeit geschehen ist, wird nicht
berichtet. Es war ihre erste wirkliche Begegnung mit Jesus. Vielleicht war es
auch ihre erste Begegnung mit der Gegenwart Gottes. Sie sind von Kindheit an
immer im Synagogengottesdienst gewesen, haben die Bibel gehört, wahrscheinlich
aufrichtig versucht zu beten. Aber hier findet eine Begegnung statt mit einem,
der seine Bleibe in Gott hat.
- Deswegen ist es das "Lamm Gottes". Diese Reinheit, diese Offenheit
und, nennen wir es ruhig beim Namen, diese Liebe ist überirdisch. Sie kommt
aus einer tiefen Vertrautheit mit und einem tiefen Vertrauen in Gott. Zugleich
aber ist sie irdisch. Sie ist nicht weltfremd und doch ist ihr das fremd, das
die Welt umtreibt.
- Sie bleiben nur ein paar Stunden. Aber schon das ist mehr, als wir zumeist
aufwenden, um Gott nahe sein zu wollen. Wer selbst so recht keine Bleibe hat,
hält es nirgendwo aus. Deswegen bringt es das Johannesevangelium immer
wieder auf diesen Punkt: Bleiben. Nicht Feststehen, sondern im lebendigen Gott
verwurzelt sein, wie die Rebe im Weinstock, ist das Geheimnis eines Lebens,
das aussteigt aus dem Mechanismus von Nutzen und Verwertung. Wer in Gott lebt,
hat eine Quelle, die er niemals besitzen wird, die aber immer Wasser spendet.
" Wer sich an den Herrn bindet, ist ein Geist mit ihm." Amen.