Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 5. Sonntag im Lesejahr B 2021 (1 Korinther/Markus)

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7. Februar 2021 - KHG Bonn und Kapelle des Gemeinschaftskrankenhaus St. Petrus, Bonn

 

1.

  • Wissen verändert den ganzen Menschen. Ob an der Universität vermitteltet Wissen das vermag ist ein Detail. Aber das Wissen um eine Krebsdiagnose lässt niemanden kalt; eine Zeitlang beschäftigt man sich vielleicht damit, es irgendwie noch exakter, messbarer, klarer zu wissen – aber spätestens dann verändert es den Menschen. Manche Menschen verzweifeln, manche erweisen sich gerade jetzt an stark, scheinen geradezu an dem Wissen zu wachsen.
  • Wie verändert es einen Menschen zu wissen, dass die oder der Geliebte monatelang Tag für Tag während meines Komas an meinem Bett gesessen hat, bei mir gewacht und für mich gebetet hat? Wissen verändert den ganzen Menschen.
  • Offenbar gilt das vor allem von dem Wissen darum, ob ich vertrauen kann oder nicht. Das ist kein messbares, genau zu quantifizierendes Wissen. Trotzdem ist es zentral. Deswegen ist Kindesmissbrauch, zumal durch Priester oder die eigenen Eltern, so zerstörerisch für ein ganzes Leben. Deswegen ist die Erfahrung vertrauen zu können, das Wissen um einen geliebten Menschen, ein Wissen, dass ein ganzes Leben verändern und tragen kann.

2.

  • Paulus hat das mit dem Evangelium erfahren. Durch das Wissen um Jesus Christus ist er von einem misstrauischen Verfolger der Christen zu einem Verkünder geworden. Das Vertrauen und der Glaube sind so sehr mit ihm identisch, dass er nicht schweigen kann. Es würde seinem innersten Ich widersprechen, wenn er nicht verkündet.
  • Wahrscheinlich geht das nicht von jetzt auf gleich. Nach dem Erlebnis bei Damaskus ist Paulus noch eine ganze Zeit ein ziemlicher Eiferer geblieben. Stolz erzählt er, wie er sogar dem Petrus ins Angesicht widerstanden habe.
  • Doch jetzt, in dem Brief an seine geliebte Gemeinde in Korinth ist es anders. Paulus ist einer geworden, der „allen alles“ wird, um Christus zu verkünden. Er lässt sich wirklich auf das Leben anderer ein. Er will mit ihnen leben, leiden, sich freuen, Christ als Jude oder Christ als Heide sein. Das Wissen um die Größe der Liebe Christi hat ihn verändert.

3.

  • Das ist auch der Hintergrund, warum Jesus den Dämonen verbietet, ihn als Messias und Sohn Gottes zu bekennen. In ihrem Mund ist das Glaubensbekenntnis eine Lüge. Wer Christus als den Sohn Gottes bekennt und gleichzeitig anderen schweren Schaden zufügt, lügt. Der Satz „Du bist der Messias“ ist eine Lüge aus dem Mund der Dämonen.
  • In den Johannesbriefen wird ausführlicher darüber gesprochen. Ich bin mir auch sicher: Die Menschen spüren diesen Widerspruch zwischen dem Evangelium und etwa einer Kirchenhierarchie, der es nur um ihre Macht geht.
  • Die Heilige Liturgie ist daher ein Rahmen, vorsichtig und zögernd den Glauben zu bekennen. Ich spreche das Credo nur in Gemeinschaft. Vor der Kommunion steht das „Herr ich bin nicht würdig…“ und im Vater Unser das „vergib uns unsere Schuld“. Dadurch wird deutlich, dass wir noch darum bitten: Herr, verändere du mich durch das Wissen um deine Liebe. Dass dieses Wissen des Glaubens in mir Frucht tragen. Amen.