Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum 6. Sonntag im Lesejahr A 2020 (Mt)

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16. Februar 2020 - KHG Bonn, St. Remigius

1. Das Gesetz ist heilig

  • Auf das Gesetz im Alten Testament lässt Jesus nichts kommen. Die Gebote, von deren Ursprung aus dem Finger Gottes die Bibel berichtet, sind Jesus heilig. Nicht der kleinste Buchstabe des Alphabets, nicht ein Jota, darf geändert werden. Solange Himmel und Erde Bestand haben, solange sich das Firmament über die Erde wölbt, gilt dieses Gesetz. Wer es hält und halten lehrt ist dort groß, wo Gott groß ist.
  • Jesus ist hier ganz klar in der Tradition Israels. Es ist der jüdische Glaube, den er von seiner Mutter übernommen hat. Das Matthäusevangelium überliefert uns den prägnanten Satz im Zusammenhang der Bergpredigt. Jesus ist nicht gekommen, um das Alte Testament aufzuheben. Er ist gekommen, und die Gebote zu leben und sie zu erfüllen.
  • Und doch ist es das Verhältnis Jesu zu den Geboten, an dem sich der Konflikt entzünden wird. Sein radikales Bekenntnis zu den Geboten des Alten Testamentes unterscheidet ihn offensichtlich doch grundlegend von dem, wie viele andere Gebote lesen und auslegen wollen. Für sie ist der Buchstabe des Gesetzes ewig unwandelbar. Es sichert die Autorität, aber es inspiriert nicht das Leben der Kirche.
    Und das bedeutet dann, es darf darüber nicht nachgedacht oder gar diskutiert werden. Wer die Buchstaben infrage stellt, stellt die religiösen Autoritäten in Frage. Auch nur zu fragen, ob der Buchstabe wirklich all das behauptet, was ihm unterschoben wird, gilt als unerhörte Revolution. Das Grundschema kommt uns auch heute bekannt vor.

2. Das Gesetz befreit zum Aufbruch

  • Die ganze Bergpredigt – von der ersten bis zur letzten Zeile – handelt davon, wie sich das Leben verändert, wenn wir radikal ganz auf Gott vertrauen. Gott wird im Glauben der Bibel und der Kirche verkündet als der Gott, der mit uns auf dem Weg ist. Abraham glaubt Gott –und macht sich auf den Weg. Die Liebe ist mitgehend. Gott ist mit seinem Volk auf dem Weg. Und so ist sein Gesetz.
  • Der reine Buchstabe des Gesetzes gibt manchen Menschen scheinbar Sicherheit. Wenn behauptet wird, dass alles klar ist, stimmt das zwar nicht, aber es gibt den Schein von Sicherheit. Der Preis ist nur, dass das Denken und Fragen verboten werden muss, und dass das Gesetz nicht befreit sondern einkerkert.
  • Für wen Sicherheit der höchste Wert ist, der wird sich mit allen Mitteln gegen jeden Umgang mit dem Gesetz wehren, der Fragen zulässt und den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Wer übersieht, dass das Gesetz, bis zum kleinsten Jota, lebendiges Wort Gottes ist, der wird um die Erfahrung des Glaubens betrogen: „das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ (1 Kor 2,9)

3. Die Gebote vom Herzen her leben

  • Jesu Auslegung des Gesetzes klang auch damals erst einmal sehr populär, dann aber wenden sich die Menschen gegen ihn. Sie waren enttäuscht, dass er am alten Glauben festhielt und nicht bereit war, sich gegen das Gesetz zu stellen. Die Anderen bekämpften ihn, weil für ihn das Gesetz Gottes nicht festbetoniert, sondern lebendig war. Der lebendige Gott ist gegenwärtig in seinem Wort.
  • In der ganzen Geschichte des Glaubens Israels bedeutet Glaube immer, im Vertrauen auf Gott den Weg wagen, auch wenn er nach menschlichem Ermessen nicht kalkulierbar ist. Dieser Weg Jesu führt sogar ans Kreuz. Das Gesetz bewahrt nicht vor dem Weg, sondern auf dem Weg.
  • So gibt es dann auch die Frucht des Gesetzesverständnisses Jesu. Das führt im Detail die Bergpredigt aus. Die Frucht ist die Freude, nicht von außen an Buchstaben festzuhalten, sondern vom Herzen her die Liebe zu Gott und die Liebe zu den Menschen eins sein zu lassen. Nicht nur formal die Lüge und den Ehebruch und den Mord zu vermeiden, sondern vom Herzen her die Schönheit der Wahrheit und der Treue und des Lebens zu entdecken. Gott lädt zu diesem Vertrauen in sein Gesetz ein. Die Sicherheit, die ein Festhalten an einem angeblich eindeutigen Wortlaut verspricht, ist trügerisch. Gott hingegen verheißt uns den Halt, mit dem wird das Leben wagen können. Amen.