Predigt zur Hochzeit - Ps 91 - Gott ist uns Burg,
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17. Juli 2010 - Schloss Wissen
Die Hochzeit findet auf einem Wasserschloss in der Nähe der
Grenze
zu den Niederlanden statt - daher einige Anspielungen im Text.
1. Schutzburg
- Wasserschlösser wurden ursprünglich nicht aus romantischen
Anwandlungen heraus gebaut und
auch nicht aus ökologischen Gründen, auf dass die Stechmücken es nicht
so weit haben. Vielmehr
waren Wasserschlösser im Flachland die einzige Chance, sich in
Sicherheit zu bringen, wenn
marodierende Truppen durchs Land zogen. Der Auftritt der Oranje auf
südafrikanischem Rasen
lässt ahnen, wie berechtigt der Bau einer Wasserburg am Niederrhein so
nah an der Grenze war. Nur
in der Burg war man sicher vor Mord und Totschlag.
- "Als einer, der im Schutz des Höchsten wohnt und ruht im
Schatten des Allmächtigen, sage ich zu
JHWH: 'Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue.'"
Mit diesem Bekenntnis
beginnt Psalm 91, den sich das Brautpaar als erste Lesung ausgesucht
hat. Dabei habe ich gar nicht
den Eindruck, dass sie so sehr bedrängt und verfolgt leben, wie dies im
Gebet von Psalm 91 als
Situation vorausgesetzt ist. Kein Jäger, der Euch beiden Schlingen legt,
keine Feinde, die Euch
bedrängen (nur die liebe Verwandtschaft!). Wahrscheinlich haben Martin
und Susanne bei der
Textauswahl auch gar nicht an eine Wasserburg gedacht.
- Und trotzdem ist es ein guter Text für diesen Tag.
- Denn erstens sagt er Euch: Selbst wenn! Selbst wenn es ganz
ungemütlich wird, dann gibt es ein
Wasserschloss, in das ihr Euch zurück ziehen könnt. Selbst wenn andere
Euch Fallen stellen wollen
wie einem Jungvogel, dann gibt es den Einen, der seine Flügel über Euch
breitet, wie ein Adler über
seine Jungen.
- Und zweitens erinnert der Text uns alle an einem Tag wie diesem
daran, wie wenig selbstverständlich das Glück ist, in Frieden und
Sicherheit zu leben. Im Psalm 91 wird in einigen Formulierungen auf den
Tempel angespielt. Damals war der Tempel noch mehr als heute eine Kirche
Zufluchtsort und bot den Verfolgten Asyl. Ich finde es gut, dass in
unserem Beten heute hier bei der
Hochzeit das Gebet derer mitklingt, die ohne Haus und sichere Heimat
sind. Sie erinnern uns daran,
wie wichtig es ist, bei allem, was uns passieren mag, den "Tempel
Gottes" in unserem Herzen zu
tragen.
2. Nicht Sorgen
- Das ist nicht so selbstverständlich, den "Tempel Gottes" in
unserem Herzen zu tragen. Es könnte
sein, dass da im Herzen schon kein Platz mehr ist, weil Geld, Ansehen
oder Macht ihren Tempel
schon im Herzen haben und angebetet werden wollen. Ganz eindeutig sagt
Jesus dazu "Niemand
kann zwei Herren dienen" (Mt 6,24a). Und darauf folgt der
Abschnitt, den das Brautpaar sich als
Evangelium für heute ausgesucht hat: "Macht euch keine Sorgen und
fragt nicht: Was sollen wir
essen? Was sollen wir trinken? Was sollen wir anziehen?".
- Es ist nicht schlecht, etwas zu essen und zu trinken zu haben und
nicht in Lumpen herumlaufen zu
müssen. Aber wenn die Sorge darum das Herz gefangen nimmt, dann wäre die
Falle zugegangen. Es
ist nicht schlecht, gesund zu sein, aber für wen Gesundheit das höchste
Gut ist, der geht dafür auf
kurz oder lang über Leichen. Es ist nicht schlecht, bei den Menschen gut
angesehen zu sein, aber für
wen Ansehen an erster Stelle steht, der lässt sich schnell verbiegen.
- "Macht euch keine Sorgen" ist der Zuspruch Jesu; lasst
Euch durch Sorgen nicht verbiegen und
klein machen. Und Jesus geht sogar weiter, weil er sagt: Ihr
habt es gar nicht nötig, Euch um
Wohlstand oder Ansehen Sorgen zu machen, denn ihr seid nicht allein in
dieser Welt, zerstreut
unter die Völker ("Heiden" übersetzt unser Text). Vielmehr
gibt es einen Ort für seine Jünger, an
dem sie Zuflucht haben, eine Gemeinschaft, auf die sie bauen können:
Gott ist ihr Vater. All jene,
die sich auf den Ruf einlassen, sich zu allererst um die
Königsherrschaft Gottes und um die
Gerechtigkeit zu mühen, werden eine Solidarität erfahren, die
Sorgenmenschen sich gar nicht
vorstellen können.
3. Eure Burg
- Die Zufluchts-Wasserburg für Susanne und Martin wird heute gebaut.
Es gibt Vorarbeiten: Die beiden
kennen sich schon länger und haben an ihrer Beziehung gebastelt. Aber
heute geschieht Entscheidendes: Indem die beiden Ja zu einander sagen,
sagt Gott Ja zu ihrer Gemeinschaft.
- Ein Tempel, der Asyl gewährt, eine Burg, in der das falsche Sorgen
entmachtet wird, entsteht heute,
weil durch Euer Vertrauen in einander der Zuspruch Gottes aus dem Psalm
wirksam wird: "Weil sie
sich an mich binden, will ich sie retten; ich will sie schützen, denn
sie kennen meinen Namen. Wenn
sie zu mir rufen, dann will ich sie erhören. Ich bin bei ihnen in der
Not, befreie sie und bringe sie zu
Ehren. Ich sättige sie mit langem Leben und lasse Susanne und Martin
mein Heil schauen."
- Wasserburgen sind heute nicht mehr uneinnehmbar. Im Gegenteil
werden die Leute als Touristen
gelockt. Eure Ehe, Martin und Susanne, genauer: Eure werdende Familie
soll Euch eine Burg sein, in
der ihr ganz konkret erfahren könnt, dass Ihr einander vertrauen könnt.
Mit Euch beten wir darum,
dass bald auch andere bei Euch dieses Vertrauen lernen. Dies aber eben
nicht, weil Ihr Euch
abschottet, sondern weil Eure Burg fest und offen zugleich sein soll:
Fest, weil Gottes Reich und
seine Gerechtigkeit die einzig lohnende Sorge ist; offen, denn ihr
werdet erfahren, dass in den
Menschen, die zu Euch kommen, Euch so viel Liebe begegnet, die der Gott
Euch schenken will, der
heute Eure Gemeinschaft segnet. Amen.