Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Fest Taufe des Herrn 2022 (Lesejahr C)

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09. Januar 2021 - St. Peter, Sinzig

 

1. Glaubwürdigkeit

  • Glaubwürdig wolle man wieder werden, höre ich immer wieder von Bischöfen. Und ganz viele Leute nicken dabei heftig. Ich nicke nicht. 'Glaubwürdig werden' ist für mich kein Ziel, bestenfalls irgendwann einmal ein positiver Nebeneffekt. Glauben ist für mich ein Ziel.
  • Denn das letztlich ängstliche Bemühen um Glaubwürdigkeit unterscheidet sich verblüffend wenig von dem ängstlichen Vertuschen von allem, was der Autorität der Kirche schaden könne – gemeint war und ist dabei immer der Klerus und die Angestellten und die Hierarchie, nie die Kirche selbst, die bekanntlich aus allen Getauften besteht. Deren Einheit mit dem Bischof und darüber mit dem Bischof von Rom ist dabei nicht unwesentlich, aber sekundär. Die Glaubwürdigkeit der Kirche – der Getauften – hängt jedoch am Glauben dieser Kirche.
  • Daher lade ich dazu ein, das Evangelium von der Taufe Jesu im Jordan als einen Urmoment des Glaubens zu entdecken. Die weihnachtlichen Kindheitserzählungen im Lukas- und Matthäusevangelium sind dabei deutende Ouvertüren.
  • Die öffentliche Botschaft von Gottes Sohn, in dem das Reich Gottes nahe ist, beginnt nach dem Zeugnis aller drei synoptischen Evangelien mit der Taufe Jesu im Jordan. Genauer, in dem Augenblick als Jesus aus der Taufe im Fluss aufsteigt: „öffnete sich der Himmel und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab  und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.“
  • [Interessant: Nur bei Lukas wird gesagt, dass die Sichtbarkeit und Hörbarkeit des Ereignisses öffentlich gewesen sei – und nur Lukas sagt nicht ausdrücklich, es sei gewesen im Augenblick, in dem Jesu aus dem Wasser steigt, sondern, dass er – wohl in diesem Augenblick – betete: Durch das Beten Jesu wird sein Verhältnis zum himmlischen Vater öffentlich!]

2. Glaube

  • Der Glaube ist etwas, das in meinem oder Ihrem Leben geschieht. Der Glaube ist ein Vertrauen in Gott, aus dem heraus Sie und ich leben und handeln. Ungerecht leben und handeln ist Unglaube (1 Joh 3,10). Der Glaube ist dabei etwas, das Gott selbst schenkt und bewirkt – letztlich nicht meine Leistung, sondern ein Leben, zu dem ich als Mensch meine Zustimmung und Bereitschaft gebe, weil Gott es schenkt.
  • Wenn mein Leben der Einsatz ist, dann ist die Glaubwürdigkeit keine Bagatelle. Existiert Gott und ist Gott so, dass ich ihm vertrauen will und kann? Andersherum: Erkenne ich das, was mir als Offenbarung Gottes vorgestellt wird, als Offenbarung Gottes? Oder sind das nur mehr oder weniger fromme Ideen? Oder gar wollen mich falsche Propheten zu falschen Göttern verführen – und damit letztlich an ihre Autorität binden?
  • Als Christen sollte es für uns nur einen begründeten Glauben geben. Der Grund für den Glauben kann nur sein, dass ich dem zustimme, was die Offenbarung ist, und dass ich in meinem Leben und im Leben gläubiger Menschen erkenne, welche Erneuerung Gottes Liebe im Sünder bewirkt.

3. Glaubwürdigkeit des Glaubens

  • Jesus, den der Täufer Johannes im Jordan tauft, ist nicht glaubwürdig, weil wundersam eine Stimme vom Himmel erschallt und ihn als Sohn Gottes bekennt. Die Alten wussten: Spektakuläre Wunder kann der Teufel auch. Der Sohn Gottes, der sich mitten unter die Menschen stellt, die der Umkehr bedürfen, ist für mich glaubwürdig, weil ich in ihm die göttliche Demut und Größe wiedererkenne.
  • Nicht erst am Kreuz, hier schon zeigt sich das Wesen Gottes! Das macht es glaubwürdig. Das ist auch und vor allem dann glaubwürdig, wenn es meine Maßstäbe in Frage stellt und wenn der Glaube an diesen, den wahren Gott, daher in mir eine Umkehr bewirken kann.
  • [Dieser Maßstab für Glaubwürdigkeit gilt übrigens auch für die Kindheitserzählungen, die Matthäus und Lukas dem Evangelium voranstellen: Dass eben nicht nur Gold für den König und Weihrauch für den Gottessohn Gaben der Gelehrten aus dem Osten sind, sondern auch die bittere Myrrhe, die auf das Kreuz verweist. Mehr noch: Dass die ersten, die das Kind in der Krippe verehren, nicht die Gelehrten und Mächtigen, sondern Hirten sind.]
  • Die in der Tradition bezeugte Wirkung der Offenbarung ist wichtig. Seine Weise den Menschen zu begegnen, sein Kreuz und schon seine Taufe im Jordan macht Jesus als Wort Gottes glaubwürdig. Was die Begegnung mit ihm im Leben der Kirche damals verändert hat, macht die Heilige Schriften, die sie uns hinterlassen haben, glaubwürdig. Diese Tradition der Offenbarung ist ein kritischer Maßstab und so ist es das Glaubensbekenntnis. Das eigentliche Glaubensbekenntnis aber wird immer sein, ob das Wort, das Gott zu mir und Dir spricht, etwas bewirken kann, wenn ich mich ihm öffne und Du Dich ihm öffnest und wir beten: Gott, mache uns des Glaubens würdig! Amen.