Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Predigt zum Palmsonntag im Lesejahr B 2003 (Markus)

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13.4.2003 - St. Barbara, Oberschwappach

1. Richtung

  • Es lohnt sich, auf die Ortsangaben zu achten, wenn wir das Evangelium hören, und die Richtung zu sehen, in der sich das Geschehen bewegt. Bei diesen vertrauten Texten übersehen wir leicht wichtige Details, weil wir das Evangelium nicht mit ganzer Aufmerksamkeit nach-erleben. So lassen wir die Aufmerksamkeit dafür schwach werden, was an all dem uns betrifft. Denn wir sind in dieser Bewegung nicht außen vor. Es ist die Bewegung von draußen nach drinnen - und von drinnen nach draußen.
  • Nach der Darstellung der drei (synoptischen) Evangelien (also Markus, Matthäus und Lukas, nicht aber Johannes) kommt Jesus erst ganz zum Schluss seines Wirkens zum ersten Mal nach Jerusalem. Seine Jünger hat er unter den Fischern am See und unter den Zöllnern der Kleinstadt Kafarnaum gewonnen. Jetzt erst kommt er aus der Provinz in die Mitte des Landes, nach Jerusalem.
  • Das Volk, die einfachen Leute, nehmen ihn dort begeistert auf: "Gesegnet sei er, der kommt im Namen des Herrn! Gesegnet sei das Reich unseres Vaters David, das nun kommt. Hosanna in der Höhe!" Die folgenden Kapitel des Evangeliums berichten davon, dass Jesus dort, in der Mitte Israels, ist.

2. Mitte

  • Die Tempelreinigung macht deutlich, dass Jesus die wirkliche Mitte in sich trägt. Denn was er in der offiziellen und politischen Mitte, im Tempel zu Jerusalem antrifft, ist es sicherlich nicht: Er vertreibt die Händler aus dem Tempel - denn dies Haus ist das Haus seines Vaters. Er streitet mit den Pharisäern und Schriftgelehrten, denn er ist gekommen, den Menschen Kunde zu bringen vom Herzen des Vaters.
    Aber er, der von außen gekommen ist, er wird nicht geduldet im Tempel und in der Stadt des Königs. Als ob er es ahnte, hatte sich Jesus bereits zuvor zur Übernachtung immer schon vor die Mauern der Stadt zurück gezogen. Jetzt wird er in dieser Stadt, im Zentrum der Macht, verurteilt. Die Stadt duldet ihn nicht in ihrer Mitte. Man schleift ihn vor die Tore und kreuzigt ihn. Draußen vor der Stadt, einsam verendet er.
  • In einem Streitgespräch mit den Ältesten, den Hohenpriestern und Schriftgelehrten kündigt Jesus sein Schicksal in einem Gleichnis an und deutet es damit zugleich (Mk 12,1-12). Jesus spricht von den Pächtern eines Weinberg, den Gott selbst liebevoll angelegt hat. Diejenigen, denen dieser Weinberg anvertraut wurde, sind ganz dabei, drinnen. Aber sie haben alles nur zu ihrem eigen Vorteil getan, sie haben die Propheten geschlagen und geprügelt und sie werden den Sohn des Weinbergbesitzers packen, umbringen und aus dem Weinberg hinauswerfen.
  • Was wird der Weinbergbesitzer tun? Er wird sich von den untreuen Pächtern abwenden und den Weinberg anderen geben. Damit entmachtet Jesus die Pächter, die sich als "Besitzer" aufspielen, die meinen, Gottes Erbe antreten zu können, die Führer des Volkes, die im Zentrum der Macht sitzen und das Volk als ihr Eigentum betrachten.

3.

  • Dies sind die alten Machtstrukturen im Zentrum. Jesus wird Israel neu erbauen von den Rändern her. Seine Jünger, Frauen zumeist, stehen unter dem Kreuz. Es sind die Frauen um Jesu Mutter Maria und es der Jünger, den Jesus liebte. Diesen einfachen, unbedeutenden Provinzlern wird das Kommen des Reiches Gottes anvertraut.
  • Nicht mehr die Ältesten, Hohenpriester und Schriftgelehrten, sondern die einfachen Fischer vom See sind die Gesandten. Und diese Apostel bringen die Botschaft hinaus zu allen Völkern. Sie sind mit Jesus hineingezogen in die Stadt Jerusalem um sich von ihm senden zu lassen zu allen Völkern.
  • So hat damals etwas stattgefunden, das bis heute Gültigkeit hat, das nicht rückgängig gemacht wird und sich nicht wiederholen muss: Den Weg, den Jesus gegangen ist in die Mitte seines Volkes, ist er für uns als Kreuzweg gegangen raus vor die Tore der Stadt. Dort lässt er sich finden. Wenn wir in der Liturgie des Palmsonntags das Evangelium vom Einzug in Jerusalem gehört haben, werden wir mit hinein genommen in die Mitte des Geheimnisses. Dann aber hören wir die Berichte vom Leiden des Herrn, um uns zu erinnern, dass auch für uns der Weg raus führt zu den Menschen vor der Stadt. Nicht wiederholt sich in ewiger Wiederkehr der Kreislauf, sondern die Erinnerung an das ein Mal geschehene ist uns Jahr für Jahr Ereignis: Gott lässt sich finden! Amen.