Predigten von P. Martin Löwenstein SJ

Leser-Rückmeldung zur Predigt 23. Sonntag im Lesejahr C 2001

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Reaktion einer Leserin

Es fällt mir etwas schwer, mich klar auszudrücken, ich hoffe, es gelingt einigermaßen.

Ich denke, es "befremdet" mich vor allem der ( scheinbar) "emotionslose" Gedanke des Trennens von wichtigen Beziehungen . Das ist doch ein ungeheuer schmerzlicher Vorgang.

Tiefe menschliche Beziehungen, wie es z.B. die zu Eltern und Geschwistern sind, sollen "relativiert" werden, um Gotteswillen. Wenn das mit scheinbaren Abwertungen mit rein verstandesmäßigen Formulierungen daher zu kommen scheint, einfach so als Forderung, lehnt sich bei vielen - auch bei mir - etwas dagegen auf, man fühlt sich "vergewaltigt". Irgendwie ist mir da das Wort "Verwandlung" näher, Verwandlung in eine noch größere Liebe hinein, die dann doch wieder eint, ja wenn, wenn ...der andere auch eine lebendige Gottesbeziehung hat. Wenn nicht, bleibt diese Verwandlung in Liebe leider verborgen, dann kann es ein Schmerz bleiben.

Bei dem Text eines anderen Evangeliums, das Sie kurz ansprechen: "Der Mensch muss Vater, Mutter...verlassen,.... werden ihm Mutter, Geschwister ..." als Geschenk wieder verheißen - aber der Vater fehlt. P. Graab hat über diesen Text vor Jahren eine gute Einführung gehalten. Mir selbst und manchem anderen war noch nie aufgefallen, dass bei der zweiten Aufzählung der Vater fehlt. Angesichts der Familien-Strukturen im Orient ist dieser Text einsichtig, da das Oberhaupt ja die absolute Autorität war (ist). Der Mensch soll sich wirklich frei für Gott entscheiden, also muss menschliche Autorität in Blick auf Gott relativiert werden. Das gilt sicherlich auch heute noch.

Aber all das ist doch ein "Prozess", mehr oder weniger schmerzlich, je nach den Umständen Zuneigung "auszurotten" (wie es früher oft gefordert wurde), sozusagen ruckzuck, das halte ich für keine echte Reifung. Leicht kommen dabei Menschen heraus, die "verstümmelt" sind, aber nicht (in Liebe) befreit. D a s ist für mich das Befreiende am Christentum, dass alles zu mehr und umfassenderer Liebe führen soll, aber nicht zu Verarmung.(Ich denke, Sie verstehen, dass ich das nicht "sentimental" meine).

Ich k a n n das Evangelium nie ohne das Grundwissen lesen, dass Gott Liebe ist. Und dass manches im Evangelium auch auf die Zeitbezogenheit befragt werden muss, um etwas einsichtiger zu machen, nicht, um es zu relativieren.